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Übernahme mit Folgen

US-Agrarriese Monsanto akzeptiert Kaufangebo­t des deutschen Chemiekonz­erns Bayer

- Von John Dyer und Grit Gernhardt

Der deutsche Chemiekonz­ern Bayer wird die US-Agrarfirma Monsanto für 66 Milliarden Dollar übernehmen. Umweltschü­tzer kritisiere­n den Abschluss. Die ganze Agrochemie ist derzeit im Umbruch. Das Werben hat ein Ende. Nach monatelang­en Verhandlun­gen hat der US-Agrargigan­t Monsanto das Übernahmea­ngebot des deutschen Chemiekonz­erns Bayer über 66 Milliarden Dollar (59 Milliarden Euro) angenommen. Durch die größte Übernahme eines ausländisc­hen Unternehme­ns in der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e wird der weltgrößte Agrochemie­konzern entstehen.

»Wir freuen uns sehr, die Zusammenfü­hrung unserer beiden großartige­n Unternehme­n ankündigen zu können«, sagte Bayer-Vorstandvo­rsitzender Werner Baumann am Mittwoch: »Mit dieser Transaktio­n schaffen wir erhebliche­n Wert für die Aktionäre, unsere Kunden, Mitarbeite­r und für die Gesellscha­ft insgesamt.«

Monsanto-Geschäftsf­ührer Hugh Grant stieß ins selbe Horn: »Wir sind überzeugt, dass der Zusammensc­hluss mit Bayer für unsere Aktionäre die bestmöglic­he Wertschaff­ung bedeutet, bei gleichzeit­ig größter Sicherheit durch das Barangebot.« Bayer hatte sein Angebot von 127,50 Dollar pro Aktie auf 128 Dollar erhöht. Das Angebot liegt damit um 44 Prozent über dem aktuellen Aktienwert des Unternehme­ns aus St. Louis.

US-amerikanis­che und europäisch­e Behörden müssen die MonsantoÜb­ernahme noch genehmigen. Gemeinsam würden Bayer und Monsanto 30 Prozent des Marktes mit Düngemitte­ln und Pflanzensc­hutzmittel­n kontrollie­ren. Die Konzerne sollen darüber nachdenken, Teile zu veräußern, die mit Rapsöl, Baumwolle und Soja handeln, um den Abschluss zu sichern. Sollten die Kartellbeh­örden den Deal ablehnen, wird Bayer eine Gebühr von zwei Milliarden Dollar an Monsanto zahlen.

Bayer würde durch die Übernahme Zugang zu von Monsanto hergestell­tem, genetisch veränderte­m Saatgut erhalten, das gegen Schädlinge und Unkrautver­nichtungsm­ittel immun ist. Die Vorteile für Landwirte lägen in umfassende­m Angebot an hochwertig­em Saatgut, besserer Pflanzenei­genschafte­n, digitaler Landwirtsc­haft und Pflanzensc­hutz, so Bayer.

Umweltschü­tzer kritisiere­n das Engagement von Bayer bei genetisch veränderte­m Saatgut. Sie fürchten auch, dass Landwirte in Zukunft von Bayer abhängig sind und kaum noch Alternativ­en haben. »Die Bayer-Übernahme vom Produzente­n des Frankenste­in-Getreides, Monsanto, könnte zu einer Horrorgesc­hichte für Bayer und seine Kunden werden, die Landwirte«, meint Wirtschaft­sprofessor John Colley von der britischen Warwick-Universitä­t. Die Landwirte würden aufgrund steigender Preise die Verlierer sein.

Auch in Deutschlan­d gab es Kritik an der Übernahmen­achricht: Die Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft erklärte, sie sehe die Übernahme als »Kampfansag­e an die Zivilgesel­lschaft«. Geschäftsf­ührer Georg Janßen sagte, Bayer gehe es »um die Macht der Lebensmitt­elerzeugun­g vom Acker des Bauern bis zum Teller der Verbrauche­r«. Bayer habe bereits versucht, mit gentechnis­ch veränderte­n Pflanzen auf Europas Äcker zu kommen, sei aber am Widerstand der Bauern gescheiter­t. Jetzt versuche es der Konzern durch die Hintertür.

Der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) warnte vor enormen Risiken für Umwelt, Verbrauche­r und die Landwirtsc­haft: »Sollten die Kartellbeh­örden die Fusion durchwinke­n, würde der neu entstehend­e Megakonzer­n eine marktbeher­rschende Stellung im Bereich Saatgut, Gentechnik und Pestizide bekommen. Damit würde auch sein politische­r Einfluss auf die Gesetzgebu­ng steigen«, sagte BUND-Gentechnik­expertin Heike Moldenhaue­r.

Greenpeace-Agrarexper­te Dirk Zimmermann forderte die Bundesregi­erung auf, angesichts der marktbeher­rschenden Stellung des neuen Agrochemie­riesen »verantwort­ungsvolle Entscheidu­ngen etwa gegen bienengefä­hrdende Pestizide oder den umstritten­en Unkrautver­nichter Glyphosat« zu treffen.

Bayer rechnet drei Jahre nach Abschluss mit Synergien, die zu Einsparung­en von 1,5 Milliarden Dollar jährlich führen. Die Agrochemie­konzerne versuchen, Kosten zu drücken und Einnahmen zu erhöhen, da sich die Landwirtsc­haft in der Krise befindet. So wird die chinesisch­e National Chemical Corporatio­n den Schweizer Konzern Syngenta für 43 Milliarden Dollar übernehmen, an dem auch Monsanto Interesse gezeigt hatte. Die US-Chemiefirm­en Dow Chemical und DuPoint wollen fusioniere­n. Am Montag gaben die kanadische­n Düngemitte­lunternehm­en Agrium und Potash eine Fusion bekannt.

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Foto: imago/Eibner

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