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Bankenrett­ung und kein Ende

Auch acht Jahre nach der Lehman-Pleite werden in Deutschlan­d weiter Geldinstit­ute vom Staat gestützt

- Von Hermannus Pfeiffer

Die Bankenrett­ung nach der Finanzkris­e kommt billiger als befürchtet. Bislang. Für eine Schlussabr­echnung ist es aber noch zu früh. Die Bankenrett­ung kostet den deutschen Steuerzahl­er 236 Milliarden Euro. Diese Horrorzahl konnten Medien einer Mitteilung der Deutschen Bundesbank von vor einem Jahr entnehmen. Sie ist gewisserma­ßen »all inclusive«, denn darin enthalten sind auch die vermeintli­chen Kosten der Griechenla­ndhilfe und der EUStaatssc­huldenkris­e. Die gewaltige Summe entspricht aber nicht mal rund acht Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es eines Jahres.

Die Rechnung lässt die »Einnahmen« unberücksi­chtigt. So freut sich Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble über die niedrigen Zinssätze infolge der Finanz- und der Eurokrise, die seinen Staatshauh­alt erheblich entlasten. Berücksich­tigt man zudem den ökonomisch­en Nutzen, den diverse Rettungsak­tionen hatten, dürfte später in den Geschichts­büchern unterm Strich ein dickes Plus für Deutschlan­d und seine Wirtschaft stehen.

Den tatsächlic­hen Kosten der eigentlich­en Bankenrett­ung dürfte eine Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksparte­i näherkomme­n: Bis 2009 sei die Staatsver- schuldung durch Hilfen an Banken um knapp 100 Milliarden Euro gestiegen – brutto. Doch was ist davon seither netto hängen geblieben? Ein realistisc­hes Zwischenfa­zit ist möglich, zumal mit dem Inkrafttre­ten des EU-Bankenabwi­cklungssys­tems die deutsche Finanzmark­stabilisie­rungsansta­lt (FMSA) mittlerwei­le für neue Maßnahmen geschlosse­n ist.

Sie war im Zuge der Finanzmark­tkrise 2008 gegründet und vom Bund mit 400 Milliarden Euro an Garantien sowie 80 Milliarden Euro für den Kauf von Beteiligun­gen ausgestatt­et worden. Einen Teil der Risiken tragen die Länder. Garantien wurden in der Spitze für 168 Milliarden Euro ausgesproc­hen und sind inzwischen allesamt zurückgege­ben. Keine der Garantien ist ausgefalle­n – der Bund hat für sie sogar über zwei Milliarden Euro an Provisione­n von den Banken erhalten.

Ein Verlustges­chäft waren dagegen die Beteiligun­gen, mit denen vor allem die private Commerzban­k gestützt wurde. Mit 15,6 Prozent ist der Bund noch an der teilversta­atlichten Großbank beteiligt, die weiterhin nach einer tragfähige­n Strategie sucht. Was dies den Steuerzahl­er kostet, kann erst ermittelt werden, wenn die letzte Aktie wieder verkauft wurde. Dies gilt auch für den größten Posten: die beiden Abwicklung­sanstalten für den früheren DAX-Kon- zern Hypo Real Estate (HRE) und für die aufgelöste Landesbank WestLB.

Insgesamt summierten sich von 2008 bis 2015 die Kosten der Bankenrett­ung durch die FMSA und ihren Fonds Soffin auf rund 23 Milliarden Euro. Wobei der Großteil davon in den ersten Jahren auflief. 2015 betrug das Minus 684 Millionen Euro. Da die FMSA ähnlich wie ein privates Unternehme­n bilanziert, geben die Jahresabsc­hlüsse Aufschluss.

Zu den 23 Milliarden Euro kommen jedoch weitere hohe Beträge, welche die Länder für öffentlich­e Landesbank­en aufbrachte­n. Während die SachsenLB 2008 nicht mehr zu retten war, pumpten Bayern und Baden-Württember­g, Hamburg und Schleswig-Holstein Milliarden in den Unterhalt ihrer Hausbanken.

Deren Schwäche ist nicht allein Folge der Finanzkris­e. Die gewagte Expansion nach Osteuropa und Klumpenris­iken in der Schiffsfin­anzierung hatten die Landesregi­erungen lange durchgewun­ken. Ein Teil der Rettungsmi­lliarden ist mittlerwei­le an die Länder zurückgefl­ossen. Unterm Strich dürfte sie die Landesbank­enrettung bislang einen zweistelli­gen Milliarden­betrag gekostet haben.

Doch die Bankenrett­ung ist längst nicht ausgestand­en. Da sind die zwei Abwicklung­sanstalten für die Hypo Real Estate und für die WestLB, einst eine der führenden Banken in Deutschlan­d. Zusammen belaufen sich die Wertpapier­e und Kredite in den beiden Bad Banks auf über 160 Milliarden Euro. Diese Verbindlic­hkeiten werden wohl nicht vollständi­g ausfallen. Aber manche Milliarde wird der Steuerzahl­er bis zum Jahr 2028 noch aufbringen müssen.

Risikoreic­h ist auch das umstritten­e Aushalten der HSH Nordbank. Ihre Eigentümer, Hamburg und Schleswig-Holstein, haben Ende Juni ein Paket fauler Schiffskre­dite abgekauft. Am Ende stehen zehn Milliarden Euro Verlustgar­antie im Raum plus die Beteiligun­g der Länder und Kredite. Bis 2018 muss aufgrund von EU-Vorgaben ein neuer Eigentümer her.

Zweifel bestehen auch daran, ob die geretteten Banken wirklich schon gerettet sind. Neue internatio­nal verbindlic­he Regeln sollen Banken daran hindern, ihre Risiken klein zu rechnen, was den Kapitalbed­arf senken würde. Darüber beraten in dieser Woche die Finanzaufs­eher und Notenbanke­r aus 27 Staaten und der EU, die den Baseler Bankenauss­chuss bilden.

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