Das blaue Licht ist nur im Märchen gut
Abendliche Computerbeleuchtung kann den Körper in die Irre führen
Wer am Abend noch Smartphone oder Tablet-Computer nutzt, kann Einschlafprobleme bekommen. Das blaue Licht ist schuld daran. Statt am Abend in einem Buch zu lesen, schauen viele Menschen lieber Webseiten an, verschicken Mails und Selfies oder chatten bis spät in die Nacht. Die Ursache für die daran anknüpfende Schlaflosigkeit ist blaues Licht, das die Geräte ausstrahlen – nicht zu verwechseln mit dem blauen Licht aus dem Grimmschen Märchen, das den Protagonisten reich und glücklich machte. Die Wellenlänge des blauen Lichts macht munter, weil Rezeptoren in der Netzhaut sensibel reagieren und das Protein Melanopsin produzieren. Darüber wird dann quasi die Botschaft an die innere Uhr im Gehirn geschickt. Und die heißt ganz eindeutig: »Es ist hell!« Egal, wie hell oder dunkel es draußen tatsächlich ist. Ein Phänomen, das wach macht, wie Chronobiologen bestätigen.
Christian Benedict und Frida Rångtell, Schlafforscher an der schwedischen Universität Uppsala, haben nun herausgefunden, was die Schlafschwierigkeiten beim nächtlichen Einsatz digitaler Geräte stoppen kann. Das Zauberwort ist – schlicht – Tageslicht. Und zwar viel davon.
«Wir haben festgestellt, dass unsere Probanden Smartphone und Co. ohne spätere Schlafprobleme nutzen können, wenn sie sich während des Tages viel im Freien aufhalten«, erklärt Frida Rångtell. »Und zwar dann, wenn sie abends bzw. nachts diese blau leuchtenden digitalen Geräte für maximal zwei Stunden in Gebrauch haben«. Und Christian Benedict ergänzt, dass auch der Einsatz von Glühlampen, die Tageslicht ausstrahlen, im Büro den Aufenthalt im Freien erfolgreich simulieren kön- nen. Allerdings sollte sowohl das eine als auch das andere Tageslicht 6,5 Stunden auf die Betroffenen einwirken.
Um überhaupt einschlafen zu können, muss unter anderem das Schlaf fördernde Hormon Melatonin aktiviert werden. Erst bei Dunkelheit entfaltet es seine volle Kraft und lässt Menschen schlafen. Aber: durch Helligkeit, also auch durch blaues Licht, wird seine Bildung in der Zirbeldrüse gehemmt und der Schlaf boykottiert. Die schwedischen Ergebnisse von Benedict und Rångtell basieren auf anderen internationalen Studien. In den USA stellten Wissenschaftler fest, dass allein das Arbeiten am Bildschirm die Konzentration von Melatonin um 23 Prozent reduziere. Und Ergebnisse aus Berlin zeigen, dass Schüler, die abends am Computer gearbeitet hatten, am nächsten Tag deutlich müder waren als diejenigen, die zur selben Zeit – für die Forschung – ein Buch gelesen hat- ten. Das Interessante an dieser Untersuchung: eine Woche später tauschten die Schüler die Rollen. Das Ergebnis war dasselbe. Lesen am Tabloid machte die Schüler am nächsten Tag müder als das Buch gleichen Inhalts aus Papier.
Eine andere Variante, das blaue Licht von digitalem Equipment in seine Grenzen zu weisen, sind Experten mit der Entwicklung von neuen Apps angegangen. Mit deren Hilfe verändert sich das Bildschirmlicht am Tag. Morgens hat es einen hohen Anteil an blauem Licht. Am Abend verdrängen gelbes und rotes Licht den Blau-Anteil, so dass die Nutzer später besser einschlafen können. Entsprechende Brillen, die das blaue Licht filtern, gibt es ebenfalls auf dem Markt. Alternativ können elektronische Geräte aber frühzeitig abgeschaltet werden. Oder man verbringt den Tag hauptsächlich im Freien, wie es die schwedischen Forscher vorschlagen.