Im Spessart schwelt ein bizarrer Glaubenskrieg
Partenstein sollte zum Reformationsjubiläum einen Martin-Luther-Platz bekommen, doch der Plan sorgte für Empörung
Es ist das vorläufige Ende eines bizarren Dorfstreits zwischen Katholiken und Protestanten: In Partenstein im Norden Bayerns wird es keinen Martin-Luther-Platz geben. Partenstein. Der Dorfplatz in der Spessart-Gemeinde Partenstein bleibt auch künftig namenlos. Am Montagabend lehnte der Gemeinderat mit neun zu sechs Stimmen einen Antrag der evangelischen Kirchengemeinde ab, den Platz anlässlich des 500-jährigen Reformationsgedenkens nach Martin Luther zu benennen. Die monatelange, ziemlich emotional und teils persönlich geführte Debatte dürfte damit zwar vorbei sein – doch ob das für die aufgerissenen konfessionellen Gräben und persönlichen Verletzungen gilt, darf bezweifelt werden. Auch, wenn sich Bürgermeister Stephan Amend das nun wünscht.
Es war eine Gemeinderatssitzung im Juni dieses Jahres, die für Ärger sorgte. Das Gremium sollte dort über einen Antrag der evangelischen Kirchengemeinde abstimmen. Der namenlose Dorfplatz zwischen Kirche und der Straße »Am Herrenhof« sollte zu Ehren Martin Luthers dessen Namen erhalten. Die Debatte im Gemeinderat wurde hitzig: »Ich hatte so eine Diskussion nicht erwartet«, sagte Amend kurz nach jener Sitzung. Aus der »reinen Formsache« wurde ein Politikum: Die Katholiken fühlten sich von den Protestanten überrumpelt, die Evangelischen brüskiert – der Rat vertagte die Abstimmung. Über die Sommerferien sollten sich die Gemüter beruhigen und am Montagabend nun abgestimmt werden.
Historisch ist Partenstein eine evangelische Hochburg im katholisch dominierten Unterfranken. Früher waren zwei Drittel der Bevölkerung Protestanten, heute sind es noch 46 Prozent zu 42 Prozent Katholiken, sagt Amend.
Die evangelische Kirchengemeinde hatte ihren Antrag unter anderem mit Luthers Bedeutung für die deutsche Hochsprache begründet – und damit, dass seit 2009 alle zwei Jahre ein überregional beachtetes Luther-Spiel im Ort aufgeführt wird.
Der evangelische Gemeindepfarrer Michael Nachtrab versteht die Aufregung um den Antrag bis heute nicht so recht. »Da wurden Ängste geschürt, die gute Ökumene in Partenstein könnte unter einem LutherPlatz leiden, da wurden Horrorszenarien an die Wand gemalt, dass sich Evangelische und Katholische wegen eines Straßennamens nicht mehr ›Grüß Gott‹ sagen könnten«, erklärte er dem Evangelischen Pressedienst: »Alles Blödsinn.«
Pfarrer Nachtrab sagt, es wäre vielmehr ein »schönes ökumenisches Zeichen« gewesen, den Platz Martin Luther zu widmen. Das mehrheitliche Nein aus dem Partensteiner Gemeinderat enttäusche ihn persön- lich, »vor allem, weil dabei kein sachliches Abwägen des Für und Wider stattgefunden hat«. Die Gegner des Antrags hätten vielmehr Vorurteile geschürt. Auch wenn sein katholischer Kollege Pfarrer Bernhard Albert von der Idee eines Luther-Platzes nicht begeistert gewesen sei: »Die Ökumene hat weiter gut funktioniert – wir leben doch im 21. Jahrhundert«, sagte Nachtrab. Und auch im Ort selbst habe er wegen dieses Antrags »keine Gräben« gespürt, »wenn, dann eher wegen der Stimmungsmache dagegen«.
Der für Partenstein zuständige katholische Gemeindepfarrer Albert will zum ganzen Thema am liebsten überhaupt nichts mehr sagen. »Das ist eine Entscheidung des Gemeinderats, die kann so oder so ausfal- len, das muss man akzeptieren«, sagte er. Die katholische Seite habe im Juni eine Stellungnahme abgegeben, der sei nichts hinzuzufügen: »Wichtiger als der Name eines Platzes ist, dass die Ökumene weiter funktioniert.« Das war in Partenstein nicht immer so. Konfessionelle Bosheiten wie Mist ausfahren und Wäsche waschen an den jeweiligen Feiertagen der anderen gehörten über Jahrhunderte auch im Spessart dazu.
Bürgermeister Amend jedenfalls ist zuversichtlich, dass die Sache mit der Abstimmung »nun endgültig vom Tisch« ist, sich die gebildeten Fronten weiter befrieden – und dass der kleine Ort nun aus den überregionalen Schlagzeilen schnell wieder verschwindet.
Aus der »reinen Formsache« wurde ein Politikum: Katholiken fühlten sich von Protestanten überrumpelt.