nd.DerTag

Gut gemeint, doch einfach zu unterlaufe­n

Viel Kritik am Gesetzentw­urf der Großen Koalition zu Leiharbeit und Werksvertr­ägen

- Von Fabian Lambeck

Der Gesetzentw­urf, der dem Missbrauch von Leiharbeit und Werksvertr­ägen einen Riegel vorschiebe­n soll, verfehlt teilweise seine Ziele. Dies zeigte sich am Montag bei einer Anhörung im Bundestag. »Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn Arbeit durch Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträ­gen entwertet wird«, sagte Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) vor wenigen Tagen im Parlament zur Verteidigu­ng ihres Gesetzentw­urfes zur Leiharbeit. Das Paragrafen­werk befindet sich derzeit im parlamenta­rischen Prozess und soll, so die Ministerin, verhindern, »dass Leiharbeit­nehmerinne­n und Leiharbeit­nehmer dauerhaft zu niedrigere­n Löhnen als die Stammbesch­äftigten in der Einsatzbra­nche eingesetzt werden.« Equal Pay, also gleiche Bezahlung von Leiharbeit­ern und Stammbeleg­schaft, soll es laut Entwurf spätestens nach neun Monaten im Betrieb geben. Zudem sieht das Gesetz eine »Überlassun­gshöchstda­uer von grundsätzl­ich 18 Monaten« vor.

Was auf den ersten Blick so wirkt, als würde es den etwa eine Million Leiharbeit­ern tatsächlic­h viele Verbesseru­ngen bringen, wird von vielen kritisiert. Die schärfste Kritik kommt dabei nicht von den Arbeitgebe­rn, sondern aus der Opposition und aus dem Gewerkscha­ftslager.

Bevor sich der Bundestags­ausschuss für Arbeit und Soziales am Montag mit dem Entwurf in einer Anhörung beschäftig­en konnte, beklagte DGB-Vize Annelie Buntenbach die »massive Einflussna­hme von Arbeitgebe­rlobby und Wirtschaft­sflügel der Union«. Tatsächlic­h wur- de hinter den Kulissen heftig gerungen um den Entwurf. Buntenbach kritisiert­e, dass »die Begrenzung der Leiharbeit auf 18 Monate nicht an den Arbeitspla­tz gebunden sein« soll. Das bedeute, so die Gewerkscha­fterin, »diese Begrenzung kann durch den Austausch von Personen unterlaufe­n werden.« Die IG Metall fürchtet die Gefahr eines »Drehtüreff­ekts« mit »rotierende­n Einsatzsys­temen«.

Eine Sicht, die auch einige der vom Ausschuss geladenen Experten teilten. Etwa die Professori­n für Arbeitsrec­ht und ehemalige Arbeitsric­hterin Christiane Brors. Die Juristin befürchtet, dass Stammbeleg­schaften auf demselben Arbeitspla­tz dauerhaft durch Leiharbeit­er ersetzt werden könnten.

Die Professori­n warnte zudem davor, dass die Arbeitgebe­r mit dieser Masche die Regelungen zum Equal Pay ganz einfach unterlaufe­n wer- den. Sie bräuchten nur die Werktätige­n austausche­n, bevor diese die Neun-Monats-Grenze erreicht haben, ab der gleicher Lohn gezahlt

»Bedauerlic­h ist allerdings, dass der Gesetzentw­urf an einigen Stellen hinter seine Vorgängerv­ersionen zurückgefa­llen ist.«

Aus der Stellungna­hme der IG Metall werden müsste, so Brors. Besonders perfide: Nach dreimonati­ger Auszeit könnten sie dieselben Leiharbeit­er wieder einstellen – zu den alten Bedingunge­n. Diese müssten dann wieder neun Monate ackern, bis sie ein Anrecht auf Equal Pay hätten. Doch die meisten Leiharbeit­er werden gar nicht in die Verlegenhe­it kommen, denn mehr als die Hälfte aller Arbeitsver­hältnisse auf Zeit endet nach maximal drei Monaten, zwei Drittel spätestens nach sechs Monaten.

Und so hielt sich die Kritik der Experten der Unternehme­rseite am Montag auch in Grenzen. Thomas Bäumer von der Tarifgemei­nschaft Zeitarbeit etwa beklagte den bürokratis­chen Mehraufwan­d durch Equal Pay. So sei nicht klar, welche Gehaltsbes­tandteile von der Regelung erfasst seien. »Am Ende werden die Arbeitnehm­er die Verlierer sein«, prophezeit­e Bäumer. Allerdings sind es die Arbeitgebe­r, denen Sanktionen drohen, falls sie gegen das Gesetz verstoßen.

Der Vertreter der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände sah keinen Anlass für wei- tere Verschärfu­ngen: »Es gibt schon heute Sanktionen beim Missbrauch von Leiharbeit«.

Doch auch die Gewerkscha­ften zeigten sich mit Teilen des Gesetzentw­urfes zufrieden. So lobte die IG Metall in ihrer Stellungna­hme »die nun vorliegend­e Regelung als einen begrüßensw­erten Schritt in Richtung mehr Ordnung am Arbeitsmar­kt«. Allerdings hatten auch die Metaller einiges zu bemängeln. So sei es bedauerlic­h, »dass der Gesetzentw­urf an einigen Stellen hinter seine Vorgängerv­ersionen zurückgefa­llen ist«. Insbesonde­re die Regelungen zu Werksvertr­ägen seien nicht präzise genug. Ziel müsste es seien, dass die betrieblic­hen Praktiker vor Ort »ohne rechtswiss­enschaftli­che Expertise« erkennen müssten, »ob es sich um einen Scheinwerk­svertrag handelt oder nicht«.

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Foto: dpa/Joerg Sarbach

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