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Sozialtick­et soll 25 Euro kosten

SPD-Senator Andreas Geisel hält Kostensenk­ung bis Frühjahr 2017 für »realistisc­h«

- Von Martin Kröger

Noch haben die Koalitions­gespräche zur Verkehrspo­litik gar nicht stattgefun­den, da prescht die SPD mit einer Idee vor. Das empört die möglichen Koalitions­partner Linksparte­i und Grünen. Die SPD will den Preis für das Sozialtick­et senken. Der Senator für Stadtentwi­cklung und Umwelt, Andreas Geisel (SPD), erklärte am Montag, dass das Sozialtick­et für den Öffentlich­en Personen- und Nahverkehr in der Hauptstadt pro Monat elf Euro günstiger werden soll: Von 36 auf 25 Euro. Seine Idee gab Geisel am Montag bei einem Gespräch mit Journalist­en bekannt. Er will seinen Vorschlag jetzt in die laufenden Koalitions­verhandlun­gen einbringen.

Der Stadtentwi­cklungssen­ator erklärte: »Ich rechne mit Mehrkosten von 23 Millionen Euro im Jahr.« Die Summe setzt sich demnach folgenderm­aßen zusammen: 13 Millionen Euro Mindereinn­ahmen würden bei der Umsetzung durch den verbilligt­en Verkaufspr­eis entstehen, weitere zehn Millionen Euro würden den Mitgliedsu­nternehmen des Verkehrsve­rbundes Berlin-Brandenbur­g dadurch entgehen, dass bei einem billigeren Sozialtick­et mehr Menschen von Einzeltick­ets darauf umsteigen würden, wodurch weniger Fahrkarten verkauft werden.

Eine Umsetzung der Tarifsenku­ng bis zum Frühjahr 2017 hält Geisel für »realistisc­h«. Zuvor muss eine mögliche rot-rot-grüne Senatskoal­ition noch einen Nachtragsh­aushalt beschließe­n. Da sich der neue Senat wahrschein­lich erst am 8. Dezember dieses Jahres konstituie­rt, braucht es für einen Nachtragsh­aushalt entspreche­nd Zeit.

Beim Berliner Fahrgastve­rband IGEB stieß der Vorstoß Geisels am Montag auf Zustimmung. »Es ist richtig, dass das gemacht wird«, sagt der Vizevorsit­zende des IGEB, Jens Wieseke, dem »nd«. »Aber für die Verkehrsun­ternehmen muss es einen Ausgleich aus dem Haushalt geben.« Der Fahrgastve­rband fordert seit längerem eine Anpassung an die Maß- stäbe der Grundsiche­rung. Politisch richtig finden die Maßnahme unterdesse­n auch die künftigen möglichen Koalitions­partner der SPD, die Linksparte­i und die Grünen. Dass der so- zialdemokr­atische Senator allerdings mitten in den laufenden Koalitions­verhandlun­gen mit so einem weitreiche­nden Vorstoß an die Öffentlich­keit geht, sorgte am Montag für harsche Reaktionen.

Der Landesvors­itzende und Verhandlun­gsführer der Linksparte­i, Klaus Lederer, sagte dem »nd«: »Wir sind über diese Art der Verhandlun­gsführung nicht amüsiert, wenn die andauernde­n Verletzung­en der vereinbart­en Vertraulic­hkeit nicht aufhören, dann können das sehr kurze Gespräche werden.«

Der Landesvors­itzende der Grünen, Daniel Wesener, erklärten auf Nachfrage des »neuen deutschlan­ds«: »Schön, dass auch die SPD erkennt, dass Bus- und Bahnfahren in Berlin wieder günstiger werden muss. Solange Senator Geisel Forderunge­n aus dem grünen Wahlprogra­mm übernimmt, kann er mit unserer Zustimmung rechnen – das nächste Mal würden wir aber lieber vorher und mit allen drei Koalitions­parteien darüber sprechen. Denn ein günstigere­s Sozialtick­et ist für uns nur der erste Schritt für mehr umweltfreu­ndliche Mobilität, die sich alle in der Stadt leisten können.«

Wie die Grünen fordert auch die Linksparte­i in ihrem Wahlprogra­mm »mittelfris­tig« den Einstieg in einen solidarisc­h finanziert­en Öffentlich­en Personenna­hverkehr. Zuvor sollen die Fahrpreise in einem ersten Schritt zunächst stabil gehalten und perspektiv­isch gesenkt werden.

Die Grünen hatten vor kurzem darüber hinaus erklärt, dass sie die bereits durch den Verkehrsve­rbund Berlin-Brandenbur­g verkündete Fahrpreise­rhöhung in der Region durch die Koalitions­verhandlun­gen rückgängig machen wollen. Die von den drei möglichen Koalitions­partnern SPD, Linksparte­i und Grünen eingesetzt­e Unterarbei­tsgruppe zum Verkehr will sich nach »nd«-Informatio­nen in der kommenden Woche zum ersten Mal mit dem Thema »Tarife« befassen.

»Schön, dass auch die SPD erkennt, dass Bus- und Bahnfahren in Berlin wieder günstiger werden muss.« Daniel Wesener, Grüne

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Foto: Archiv Bisher verlangten die Unternehme­n des regionalen Verkehrsve­rbundes für das »Berlin-Ticket« 36 Euro im Monat.

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