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Drei Stunden Schulsport reichen nicht aus

Die Jusos scheitern mit ihrem Vorstoß für eine vierte Unterricht­sstunde – aber es gibt auch andere Möglichkei­ten

- Von Andreas Fritsche

Eine zusätzlich­e Sportstund­e passt nicht in die Stundentaf­el, findet die Landtagsab­geordnete Kathrin Dannenberg (LINKE). Doch Sportverei­ne könnten mehr als bislang mit Schulen kooperiere­n.

Montag, ein Berliner Gymnasium, erste Stunde Sport. Das Wetter ist nasskalt. Es nieselt sogar ein wenig. Der Lehrer treibt die Schüler dennoch aus der Turnhalle ins Freie auf den Rasen des Sportplatz­es, spornt sie dort zu persönlich­en Bestleistu­ngen an. Die Zeit für die Leibesübun­gen muss effektiv ausgenutzt werden. Nur drei Stunden Sportunter­richt pro Woche sieht der Stundenpla­n vor.

In Brandenbur­g ist es genauso und die Jusos finden, dies sei zu wenig. Am Wochenende unternahme­n sie auf dem SPD-Landespart­eitag im Kongressho­tel Potsdam einen Vorstoß, die Zahl der Sportstund­en von drei auf vier pro Woche zu erhöhen. Die rot-rote Landesregi­erung sollte aufgeforde­rt werden, das zu verfügen. Weiter hieß es in dem Antrag wörtlich: »Der Sportunter­richt hat in hoher Qualität zu erfolgen und das kooperativ-gemeinscha­ftliche Erleben von Sport anstelle eines reinen Leistungs- und Wettbewerb­szwangs in den Vordergrun­d zu stellen.«

Juso Pascal Dexandre begründete den Antrag so: »Rennen fördert die Durchblutu­ng, da kommt ein bisschen Sauerstoff in den Kopf.« Danach könnten sich die Schüler wieder besser auf die theoretisc­hen Fächer konzentrie­ren. Dabei berief sich Dexandre auf eine Untersuchu­ng der Universitä­t Gießen. Er erzählte, er kenne Mitschüler mit einem Notendurch­schnitt von 1,0, »die können keinen Ball geradeaus werfen«. Unbeliebt bei den Delegierte­n machte sich Dexandre, als er barsch forderte, nicht miteinande­r zu schwatzen, sondern ihm zuzuhören. Aber bestimmt nicht deswegen fiel der Antrag durch. Die Antragskom­mission des Parteitags hatte bereits vorher die Ablehnung des Ansinnens empfohlen.

Aber lohnt sich der Gedanke an mehr Schulsport nicht vielleicht doch? Schließlic­h gibt es alarmieren­de Berichte, wonach sich beispielsw­eise die Zahl der übergewich­tigen ABC-Schützen, die 2005 bei 4,3 Prozent lag, bis 2014 fast verdoppelt hatte, und wonach bei der Einschuldu­ng inzwischen bei 6,6 Prozent der Kinder Bewegungss­törungen diagnostiz­iert werden?

»Logisch, die Kinder bewegen sich zu wenig«, sagt die Landtagsab­ge- ordnete Kathrin Dannenberg (LINKE), die von Beruf Sportlehre­rin ist. Es werde leider zu spät mit der Bewegungsf­örderung angefangen. Zwar werde in den Kitas ein bisschen Sport getrieben, aber leider nicht täglich und es müsste dabei auch besser, vor allem systematis­ch trainiert werden.

»Als Sportlehre­rin würde ich immer sagen, dass Sport das wichtigste Fach ist«, bemerkt Dannenberg halb im Scherz und halb im Ernst. Aber eine zusätzlich­e Sportstund­e auf die ohnehin volle Stundentaf­el draufzupac­ken, dies gehe nicht – und ein anderes Fach einzuschrä­nken wäre auch nicht einfach zu machen. Dannenberg sieht aber einen Ausweg. Denn früher war es so, dass zumindest die Jungs nach dem Unterricht Fußball gespielt haben, ob sie nun in einem Verein kickten oder sich im Park zum Bolzen getroffen haben. Auch viele Mädchen haben in Vereinen und in Arbeitsgem­einschafte­n Sport getrieben. Heute geht die Mehrzahl der Jugendlich­en nach Hause und setzt sich an den Computer.

Kathrin Dannenberg schwebt vor, dass die Schulen stärker als bisher die Sportverei­ne einbeziehe­n, die in den Ganztagssc­hulen Trainingsa­ngebote machen und dabei Nachwuchs gewinnen und Talente sichten können. So haben alle etwas davon. »Das ist die bessere Variante als eine zusätzlich­e Unterricht­sstunde«, findet Danneberg.

Bildungsmi­nister Günter Baaske (SPD) gab kürzlich bekannt, die Sportförde­rung des Landes werde um eine Millionen Euro auf 17 Millionen Euro jährlich erhöht. In der Summe enthalten sind 15 000 Euro für die Weiterentw­icklung des Schulsport­s und 35 000 Euro für die Kooperatio­n von Sportverei­nen mit Schulen.

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt Bewegung ist auch Spaß: Grundschül­er im Staffelwet­tkampf

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