Drei Stunden Schulsport reichen nicht aus
Die Jusos scheitern mit ihrem Vorstoß für eine vierte Unterrichtsstunde – aber es gibt auch andere Möglichkeiten
Eine zusätzliche Sportstunde passt nicht in die Stundentafel, findet die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (LINKE). Doch Sportvereine könnten mehr als bislang mit Schulen kooperieren.
Montag, ein Berliner Gymnasium, erste Stunde Sport. Das Wetter ist nasskalt. Es nieselt sogar ein wenig. Der Lehrer treibt die Schüler dennoch aus der Turnhalle ins Freie auf den Rasen des Sportplatzes, spornt sie dort zu persönlichen Bestleistungen an. Die Zeit für die Leibesübungen muss effektiv ausgenutzt werden. Nur drei Stunden Sportunterricht pro Woche sieht der Stundenplan vor.
In Brandenburg ist es genauso und die Jusos finden, dies sei zu wenig. Am Wochenende unternahmen sie auf dem SPD-Landesparteitag im Kongresshotel Potsdam einen Vorstoß, die Zahl der Sportstunden von drei auf vier pro Woche zu erhöhen. Die rot-rote Landesregierung sollte aufgefordert werden, das zu verfügen. Weiter hieß es in dem Antrag wörtlich: »Der Sportunterricht hat in hoher Qualität zu erfolgen und das kooperativ-gemeinschaftliche Erleben von Sport anstelle eines reinen Leistungs- und Wettbewerbszwangs in den Vordergrund zu stellen.«
Juso Pascal Dexandre begründete den Antrag so: »Rennen fördert die Durchblutung, da kommt ein bisschen Sauerstoff in den Kopf.« Danach könnten sich die Schüler wieder besser auf die theoretischen Fächer konzentrieren. Dabei berief sich Dexandre auf eine Untersuchung der Universität Gießen. Er erzählte, er kenne Mitschüler mit einem Notendurchschnitt von 1,0, »die können keinen Ball geradeaus werfen«. Unbeliebt bei den Delegierten machte sich Dexandre, als er barsch forderte, nicht miteinander zu schwatzen, sondern ihm zuzuhören. Aber bestimmt nicht deswegen fiel der Antrag durch. Die Antragskommission des Parteitags hatte bereits vorher die Ablehnung des Ansinnens empfohlen.
Aber lohnt sich der Gedanke an mehr Schulsport nicht vielleicht doch? Schließlich gibt es alarmierende Berichte, wonach sich beispielsweise die Zahl der übergewichtigen ABC-Schützen, die 2005 bei 4,3 Prozent lag, bis 2014 fast verdoppelt hatte, und wonach bei der Einschuldung inzwischen bei 6,6 Prozent der Kinder Bewegungsstörungen diagnostiziert werden?
»Logisch, die Kinder bewegen sich zu wenig«, sagt die Landtagsabge- ordnete Kathrin Dannenberg (LINKE), die von Beruf Sportlehrerin ist. Es werde leider zu spät mit der Bewegungsförderung angefangen. Zwar werde in den Kitas ein bisschen Sport getrieben, aber leider nicht täglich und es müsste dabei auch besser, vor allem systematisch trainiert werden.
»Als Sportlehrerin würde ich immer sagen, dass Sport das wichtigste Fach ist«, bemerkt Dannenberg halb im Scherz und halb im Ernst. Aber eine zusätzliche Sportstunde auf die ohnehin volle Stundentafel draufzupacken, dies gehe nicht – und ein anderes Fach einzuschränken wäre auch nicht einfach zu machen. Dannenberg sieht aber einen Ausweg. Denn früher war es so, dass zumindest die Jungs nach dem Unterricht Fußball gespielt haben, ob sie nun in einem Verein kickten oder sich im Park zum Bolzen getroffen haben. Auch viele Mädchen haben in Vereinen und in Arbeitsgemeinschaften Sport getrieben. Heute geht die Mehrzahl der Jugendlichen nach Hause und setzt sich an den Computer.
Kathrin Dannenberg schwebt vor, dass die Schulen stärker als bisher die Sportvereine einbeziehen, die in den Ganztagsschulen Trainingsangebote machen und dabei Nachwuchs gewinnen und Talente sichten können. So haben alle etwas davon. »Das ist die bessere Variante als eine zusätzliche Unterrichtsstunde«, findet Danneberg.
Bildungsminister Günter Baaske (SPD) gab kürzlich bekannt, die Sportförderung des Landes werde um eine Millionen Euro auf 17 Millionen Euro jährlich erhöht. In der Summe enthalten sind 15 000 Euro für die Weiterentwicklung des Schulsports und 35 000 Euro für die Kooperation von Sportvereinen mit Schulen.