So kann keine neue Politik entstehen
Zu »Ost-Linkenchefs: Erst Strategie, dann Kandidaten«, nd-online.de vom 30.9.
Ich lese erstaunt, dass der Landesverband Berlin der Partei DIE LINKE, der ich angehöre, ein Ost-Landesverband ist und deshalb vom OstLandes verbands vorsitzenden Klaus Lederer vertreten wird. In Berlin war das sicherlich bis vor einigen Jahren so, dass sich die Mehrheit der Mitgliedschaft als Ost-Landesverband begriff. Da Berlin aber, auch partei- lich, aus den zwei Hälften Ost und West besteht und dabei die Mitgliedschaft im Ostteil aus zum Teil natürlichen Gründen dramatisch sinkt, im Westteil aber stetig zunimmt, kann dies heute nicht mehr so gesehen werden.
»Aus unserer Sicht kommt erst die Wahlstrategie und dann die Wahlkandidaturen« (Aussage der fünf Ost-Landesvorsitzenden und des Vorsitzenden des LV Berlin). In Berlin erschien dies aus der Außensicht sicherlich so. Aber hinter den Kulissen stand schon alles fest. Landesvorsitzender Klaus Lederer und der innere Kreis des Landesvorstandes hatten vor der Schlussformulierung der Inhalte für eine neue Berliner Politik ihr Personaltableau für die Abgeordnetenfraktion schon fertig. So konnte der gegen die Lederer-Politik aufmüpfige Bezirksverband Neukölln nicht seinen von einer breiten Basis getragenen Kandidaten für das Abgeordnetenhaus auf der Landeswahlliste durchsetzen. Statt dessen kam ein Lederer genehmes Neuköllner Mitglied dank Ost-Mehr- heit zum Zuge, der bereits als Mitarbeiter der Abgeordnetenhausfraktion fest eingebunden und ökonomisch abhängig war. Festzuhalten bleibt, dass von den 85 000 zusätzlich gewonnenen Stimmen 58 000 im Westen errungen werden konnten. Und zwar hauptsächlich in Kreuzberg, Charlottenburg und Schöneberg.
Auch bei der Verhandlungskommission überwiegt und dominiert das direkte Ledererpersonal aus dem Osten und eine verdiente Abgeordnete aus dem Westteil. Einzig der neue Bezirksvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, Meiser, ist neu. Eine neue Politik wird so nicht entstehen. Rüdiger Deißler, Berlin