»Wir können Olympia«
Nach der Radsport-WM will der katarische Verbandspräsident Khalid bin Ali Al Thani mehr
Sheikh Khalid, Katar hat sich seit vielen Jahren auf die Rad-WM vorbereitet. Sie sollte die bisherige Krönung des gesamten Radsportengagements sein, das 2002 mit der Katarrundfahrt der Männer begann. Nun kamen aber so wenig Zuschauer. Was ist schiefgelaufen? Es ist gar nicht so einfach, einen Kurs in Katar zu planen. Doha ist eine junge, schnell gewachsene Stadt. Man hat nicht eine dicht bevölkerte Innenstadt, durch die man den Kurs legen und damit viele Zuschauer unmittelbar anziehen kann. Wir haben uns deshalb für den Stadtteil The Pearl entschieden. Hier leben 90 000 Menschen, 80 Prozent davon sind Europäer. Wir haben gedacht, sie freuen sich, wenn Fahrer aus ihren Nationen vor der Haustür sind und kommen, um sie anzufeuern.
Das hat offenbar nicht geklappt. Ich weiß auch nicht genau, woran es lag. Vielleicht waren es die Zeiten, dass die Leute zur Arbeit mussten. Generell muss man aber sagen, dass die ersten Tage bei Radweltmeisterschaften auch in früheren Jahren weniger gut besucht waren. Hier waren die Leute vielleicht auch noch nicht so mit den Zeitfahren vertraut. Sie mussten auch lernen, wie sie zu den Wettkämpfen kommen können. Und als sie es dann gelernt hatten, waren die Meisterschaften auch schon fast vorbei. Ich bin aber trotzdem sehr froh über die gesamte Weltmeisterschaft. Und ehrlich gesagt konnte man natürlich auch nicht mit solchen Massen rechnen wie beispielsweise in Deutschland oder den Niederlanden. Wie geht es jetzt weiter mit dem Radsport hierzulande? War die WM der Höhepunkt und wird jetzt das Engagement zurückgefahren? Nein. Wir werden weitermachen als Verband. Klar, im Rahmen der Topwettkämpfe können wir uns kaum noch steigern, es fehlen – auf den Radsport bezogen – ja nur noch die Olympischen Spiele. Aber wir wollen uns in Zukunft mehr auf unsere Wurzeln besinnen.
Was bedeutet das konkret? Wir wollen Programme in Schulen auflegen. Die WM-Organisation hat vier Jahre lang unsere Kräfte ziemlich gebunden. Jetzt wollen wir wieder zurück zur Basis. Wir wollen mehr Menschen für diesen Sport begeistern, nicht nur den Straßenradsport. Wir planen ein Velodrom, wollen ein BMX- und ein Mountainbikeprogramm aufbauen. Unser Engagement hört niemals auf. Aber wir brauchen dafür natürlich auch Sponsoren. Damit steht und fällt alles.
Sind durch diese Umorientierung die Tour of Qatar und die Ladies Tour of Qatar in Gefahr? Nein, gar nicht. Wir sind mit der Tour of Qatar nun sogar ins World Tour Programm aufgestiegen. Das ist ein weiterer Schritt nach vorn.
Eine Überraschung war, dass Katar bei dieser WM keine Frauen an den Start brachte. Das Land hat sich für den Frauenradsport international engagiert, richtet seit 2009 die Ladies Tour aus und hat auch ein eigenes Frauennationalteam gegründet. Warum waren die Frauen und Mädchen hier nicht dabei? Aller Anfang ist schwer. Wir haben mehrere Anläufe gemacht. Aber die Frauen und Mädchen waren nicht ehrgeizig und motiviert genug beim Training. Wir wollten nur Sportler an den Start bringen, die ihr Land auch würdig repräsentieren können. Wir hätten auch bei den Männern gern mehr dabei gehabt. Aber wir stecken noch in den Anfängen.
Ist das auch eine kulturelle Frage? Radsport ist ein Ausdauersport, bei dem man sich schinden muss. Radsportcoachs aus Europa, die im Nahen Osten gearbeitet haben, sagen oft, dass diese Quälerei hier schwer an die Sportler zu vermitteln sei. Stimmt das? Beim Sport allgemein muss man Widerstände überwinden. Je breiter eine Basis an Sportlern ist, umso mehr Eliteathleten wird man auch haben. Daran arbeiten wir. Und wir suchen natürlich nach Talenten, die man gezielt weiter entwickeln kann. Aber wir wissen auch nicht alles. Wer auf Sportler mit Herkunft aus dem Nahen Osten schaut, die in Europa aufgewachsen sind, findet viele von ihnen im Fußball, aber kaum jemanden im Schwimmen oder im Radsport. Man muss einfach Geduld haben. Manche Bäume tragen gleich sehr viele Früchte, bei anderen dauert es eben.
Wie schätzen Sie das allgemeine sportpolitische Klima im Lande ein: Wird Katar sich erneut für Olympische Spiele bewerben? Wir haben uns schon zwei Mal beworben in den letzten Jahren und wir werden das weiter machen. Ich weiß auch von den anderen Verbänden für die Sommersportarten, dass alle eine Basis schaffen wollen, die es möglich macht, uns für die Olympischen Spiele zu bewerben. Wir wollen zeigen: Wir können das.