Was ein Italiener im Land der Grachten Erstaunliches fand
Delft: »Die breiten Straßen durchziehen Kanäle und Baumreihen, die Häuschen sind rot und rosa, mit Weiß umfasst und erfreuen sich ihrer Reinlichkeit. Nur gelegentlich sieht man einen reglosen Kahn, der die Muße zu genießen scheint, die Türen sind geschlossen, man hört kein Geräusch ...« So lebendig, wie der italienische Schriftsteller Edmondo DeAmicis (1846 – 1908) die Stadt beschreibt, ist es, als ob wir lesend an seiner Seite wären. Nicht als Reiseführer erleben wir ihn, sondern als einen, der selber auf Erkundung, Entdeckung aus ist. »Holland« (1874) ist nicht das einzige Reisebuch gewesen, das er geschrieben hat. Auch in Spanien, Marokko, London, Konstantinopel, Paris ist er unterwegs gewesen. Der Corso Verlag hat schon einige dieser Bände in vorzüglicher Aufmachung herausgebracht und wird sicher auch weitere übersetzen lassen. Denn die Lektüre lohnt sich. Wie selbstverständlich bewegt man sich über diese Brücke, die anderthalb Jahrhunderte überspannt! Was ist so geblieben, was hat sich verändert? Zeeland, Rotterdam, Den Haag, Leiden, Haarlem, Amsterdam ... Reiserouten, auf denen sich auch heute viele Touristen bewegen. Wer nach Delft kommt, wird natürlich ebenso Richtung Marktplatz gehen, um die Nieuwe Kerk zu sehen, ist sie doch »für Holland das, was die Westminster Abbey für England ist«. Aber was für spannende – auch gruselige – Geschichten DeAmicis daran knüpft. Und wie einprägsam weiß er zu erzählen, wie er durch ein Empfehlungsschreiben Zutritt zu einem jener Bürgerhäuser bekam, deren Fenster auch heute die Blicke anlocken, sonst aber für Fremde Geheimnis sind. Er staunte: Das Haus ließ ihn »Holland besser verstehen, als alle Bücher, die ich gelesen habe«. Edmondo DeAmicis: Holland. Ein Italiener im Norden. A. d. Ital. v. Annette Kopetzki. Corso Verlag. 256 S. m. 83 zeitgenössischen Fotografien, geb., 39,90 €.