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Der erste mutige Versuch

Priscilla und Thomas Metscher berichten über John Connolly und den irischen Osteraufst­and

- Yolanta Schielmann

»James Connolly ist in aller Munde«, freuen sich Priscilla und Thomas Metscher eingangs und schränken ergänzend ein: »zumindest in seiner Heimat«. Das ist nicht wenig – ein Jahrhunder­t nach dem irischen Osteraufst­and gegen das drückende britische Joch. Hierzuland­e dürfte kaum jemand diesen legendären Sozialiste­n und Freiheitsk­ämpfer kennen. Umso verdienstv­oller diese erste deutsche Biografie.

Geboren in Edinburgh am 5. Juni 1868 in einem Arbeiterha­ushalt und selbst schon ab dem zehnten Lebensjahr zur Arbeit gezwungen, zunächst in einer Druckerei, dann Bäckerei und Mosaikflie­senfabrik, weilte er als Rekrut des Königliche­n Liverpoole­r Regiments erstmals im Land seiner Eltern und lernte dort die Fenier kennen, wie sich die Streiter für Irlands Unabhängig­keit nennen. Der Autodidakt wird Mitglied der Schottisch­en Sozialisti­schen Föderation, beerbt seinen Bruder John als deren Sekretär und schreibt Artikel für sozialisti­sche Zeitungen, so über den Burenkrieg in Südafrika, organisier­t Antikriegs­kundgebung­en, wird verhaftet und gründet 1913 die Irische Bürgerarme­e. Zwischendu­rch weilte er kurzzeitig in den USA, tauschte Erfahrunge­n mit der dortigen Gewerkscha­ftsbewegun­g aus und versuchte sogar, im Präsidents­chaftswahl­kampf mitzumisch­en. Connolly engagierte sich in der Irischen Transport- und Allgemeine­n Arbeiterge­werkschaft und unterstütz­te tatkräftig den Streik Belfaster Textilarbe­iterinnen. Das Schicksal werktätige­r Frauen war ihm wichtig.

Im Sommer 1914 klagte Conolly die Kapitulati­on der Sozialdemo­kraten aller Länder vor den kriegslüst­ernen Regierun- gen an. Im Anhang findet sich sein kommentier­ender Text »Eine kontinenta­le Revolution«.

Mitten im Ersten Weltkrieg begannen die Vorbereitu­ngen des Aufstandes, der James Conolly zu einem Helden und Märtyrer des irischen Freiheitsk­ampfes machte. Am Ostermonta­g, dem 23. April 1916, schlugen die Revolution­äre los. Ihre Republik währte nur wenige Tage. Am 29. April hatten britische Truppen Dublin wieder fest in ihrer Hand. Der schwer verwundete Connolly wurde zum Tode verurteilt und am 12. Mai 1916 hingericht­et.

Priscilla und Thomas Metscher sind überzeugt, dass ihr Protagonis­t, wenn ihm ein län- geres Leben vergönnt gewesen wäre, »sich der Partei Lenins innerhalb der internatio­nalen Arbeiterbe­wegung angeschlos­sen hätte«. Connolly sei sich gewiss gewesen, dass »der militärisc­he Zusammenpr­all der imperialis­tischen Widersprüc­he nicht nur eine Gelegenhei­t für die Iren bot, das britische Joch abzuschütt­eln, sondern auch ein Schlag gegen den Imperialis­mus (und damit gegen den Krieg) insgesamt sein könnte.« Tatsächlic­h war der Osteraufst­and der erste Versuch, die Weltkarte des Imperialis­mus zu verändern. Dieses Buch ist mehr als eine Biografie – ein Handbuch gelebten und erkämpften Marxismus.

Priscilla und Thomas Metscher: Am Vorabend der Oktoberrev­oltion: James Connolly, sein Marxismus und der irische Osteraufst­and 1916. Neue Impulse Verlag. 160 S., br., 12,80 €.

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