Wallonien bietet CETA die Stirn
EU-Handelsminister vertagen endgültige Entscheidung über Freihandelsabkommen mit Kanada
Wallonien, Rumänien und Bulgarien sagen Nein zu CETA – aus unterschiedlichen Gründen. Die EU-Handelsminister haben ihre Entscheidung am Dienstag zunächst vertagt. Auf solche Stunden hat Paul Magnette wohl gewartet. Der angriffslustige sozialistische Ministerpräsident der südbelgischen Region Wallonien ist Kopf der Rebellen, die zurzeit das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) aufhalten. Schon vor der Abstimmung im Regionalparlament am vergangenen Freitag hatte Magnette verkündet: »Ich werde der Föderalregierung meine Vollmacht verweigern.«
46 Abgeordnete folgten diesem Aufruf, nur 16 stimmten für CETA. Damit ist Belgiens Regierung blockiert, die solchen Verträgen nur zustimmen darf, wenn sie die Zustimmung aller drei Landesre- gionen bekommt. Dass die Wallonen CETA kritisch sehen, war bekannt. Dennoch war der Aufschrei auch in Belgien groß. Man mache sich lächerlich, hieß es. Der nördliche Landesteil Flandern mit seiner starken Wirtschaft tobt. Der Druck auf Magnette, auch aus dem Ausland, war in den vergangenen Tagen massiv. Doch der blieb hart. Die Menschen seien beunruhigt, man müsse deren Bedenken ernst nehmen.
Die Gründe für die klare Haltung des 45-Jährigen liegen allerdings auch in der Innenpolitik: Magnettes Partei, Belgiens frankophone Sozialisten (PS), ist traditionell das linke Gewissen der Nation. Doch sie kämpft um ihr linkes Profil, seitdem sie mit Elio Di Rupo zwischen 2011 und 2014 auf föderaler Ebene in einer Koalition aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen den Premierminister stellte. Kompromisse waren nötig. Dem linken Flügel der Partei, vielen Stammwählern und Gewerkschaftern stieß das auf. Für die konservative flämische Zeitung »De Standaard« ist deshalb klar: Das Nein zu CETA sei auch ein Versuch der PS, den linken Flügel zufriedenzustellen. Zudem würden in Belgien überwiegend die flämischen Unternehmen Handel mit Kanada betreiben.
Noch gibt es Versuche, die Situation zu lösen. Die flämischen Liberalen der Open-VLD haben die Föderalregierung aufgefordert, CETA trotzdem zu unterschreiben. Dann käme das Abkommen zwar auf europäischer Ebene durch, aber in Belgien wäre die Hölle los. Denn es waren flämische Parteien, die für mehr Rechte für die Regionen gestritten haben. Wenn jetzt eine flämische Partei sich dafür stark macht, diese Rechte wieder auszuhebeln, wäre die belgische Innenpolitik auf Jahre belastet.
Ebenfalls Vorbehalte gibt es aus Rumänien und Bulgarien. Sie betreffen aber nicht das Abkommen selbst. Vielmehr geht es hier um die Visa-Freiheit für Bulgaren und Rumänen bei Reisen nach Kanada.
Am Dienstag hat die EU die endgültige Entscheidung über CETA nun zunächst vertagt. Die Diskussionen sollen fortgesetzt werden, um das Abkommen doch noch wie geplant am Donnerstag kommender Woche unterzeichnen können, teilte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström mit.