Feierabend war gestern
Bundesarbeitsministerium sucht Antworten auf digitale Herausforderungen
»Wie genau die zukünftige Arbeitswelt aussehen wird, ist offen«, räumt das Bundesarbeitsministerium ein. Doch schon jetzt zeichnet sich deutlich ab, wohin die Reise geht: Die von der digitalen Revolution beschleunigte Flexibilisierung der Arbeit stellt auch den Gesetzgeber vor große Probleme. Das zeigte sich deutlich beim Vortrag Yasmin Fahimis. Die ehemalige Gewerkschaftsfunktionärin und SPD-Generalsekretärin ist mittlerweile beim Bundesarbeitsministerium als Staatssekretärin tätig und als solche auch zuständig für das Arbeitszeitgesetz, das schon bislang oft nur auf dem Papier galt. In der digitalen Welt könnten diese Regelungen ihre Wirksamkeit endgültig verlieren.
Die »innovative Arbeitszeitgestaltung«, so Fahimi, sei ein zentraler Punkt: Denn Arbeitszeit sei »nicht irgendein Faktor«. Vielmehr seien Zeit und Gesundheit das Wertvollste, weil Lebensqualität damit verbunden sei. Die Staatssekretärin plädierte für einen »Flexibilitätskompromiss« zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Schließlich gebe es »Flexibilitätswünsche auf beiden Seiten«. Und alles könne der Gesetzgeber nicht festschreiben, weil die Wünsche zu unterschiedlich seien. Wichtig sei deshalb das Zustandekommen von »Aushandlungsprozessen«. Hier sei entscheidend, den Faktor Arbeitszeit messen zu können. Sprich: eine solide Arbeitszeiterfassung. Keine leichte Aufgabe in Zeiten von Homeoffice und projektbezogenem Arbeiten. Konkrete Vorschläge, wie solche Reglungen zukünftig aussehen könnten, blieb Fahimi am Dienstag schuldig.
Bleibt abzuwarten, ob das Weißbuch »4.0.« des Arbeitsministeriums, das Ende November erscheinen soll, konkrete Antworten liefert. Laut Ministerium soll es »neue Perspektiven und Gestaltungschancen in der Zukunft« aufzeigen. Zentrale Herausforderung sei dabei die Beantwortung der Frage, wie aus der technischen Innovation, also der zunehmenden Digitalisierung, sozialer Fortschritt erwachsen könne, so Fahimi.
Der Trend auf dem Arbeitsmarkt zeige derzeit in zwei entgegengesetzte Richtungen, wie die Staatssekretärin einräumen musste. Da sind auf der einen Seite die gut verdienenden Hochqualifizierten und auf der anderen Seite die Niedrigqualifizierten im Dienstleistungssektor. »Haltelinien« wie der Mindestlohn und das Gesetz zur Leiharbeit reichten da nicht und seien zudem »Ausdruck einer gewissen Schwäche«, unterstrich Fahimi.
Doch wie verhindern, dass die soziale Spaltung tiefer wird? Auch hier blieb sie vage, rief die Anwesenden aber dazu auf, »Gestaltungsspielraum« zurückzugewinnen. Letztendlich gehe es um die alte Frage: »Wie werden Produktionsgewinne verteilt?« Eben hier sollten Gewerkschaften und Gesetzgeber ein Wörtchen mitzureden haben.