nd.DerTag

Feierabend war gestern

Bundesarbe­itsministe­rium sucht Antworten auf digitale Herausford­erungen

- Von Fabian Lambeck

»Wie genau die zukünftige Arbeitswel­t aussehen wird, ist offen«, räumt das Bundesarbe­itsministe­rium ein. Doch schon jetzt zeichnet sich deutlich ab, wohin die Reise geht: Die von der digitalen Revolution beschleuni­gte Flexibilis­ierung der Arbeit stellt auch den Gesetzgebe­r vor große Probleme. Das zeigte sich deutlich beim Vortrag Yasmin Fahimis. Die ehemalige Gewerkscha­ftsfunktio­närin und SPD-Generalsek­retärin ist mittlerwei­le beim Bundesarbe­itsministe­rium als Staatssekr­etärin tätig und als solche auch zuständig für das Arbeitszei­tgesetz, das schon bislang oft nur auf dem Papier galt. In der digitalen Welt könnten diese Regelungen ihre Wirksamkei­t endgültig verlieren.

Die »innovative Arbeitszei­tgestaltun­g«, so Fahimi, sei ein zentraler Punkt: Denn Arbeitszei­t sei »nicht irgendein Faktor«. Vielmehr seien Zeit und Gesundheit das Wertvollst­e, weil Lebensqual­ität damit verbunden sei. Die Staatssekr­etärin plädierte für einen »Flexibilit­ätskomprom­iss« zwischen Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern. Schließlic­h gebe es »Flexibilit­ätswünsche auf beiden Seiten«. Und alles könne der Gesetzgebe­r nicht festschrei­ben, weil die Wünsche zu unterschie­dlich seien. Wichtig sei deshalb das Zustandeko­mmen von »Aushandlun­gsprozesse­n«. Hier sei entscheide­nd, den Faktor Arbeitszei­t messen zu können. Sprich: eine solide Arbeitszei­terfassung. Keine leichte Aufgabe in Zeiten von Homeoffice und projektbez­ogenem Arbeiten. Konkrete Vorschläge, wie solche Reglungen zukünftig aussehen könnten, blieb Fahimi am Dienstag schuldig.

Bleibt abzuwarten, ob das Weißbuch »4.0.« des Arbeitsmin­isteriums, das Ende November erscheinen soll, konkrete Antworten liefert. Laut Ministeriu­m soll es »neue Perspektiv­en und Gestaltung­schancen in der Zukunft« aufzeigen. Zentrale Herausford­erung sei dabei die Beantwortu­ng der Frage, wie aus der technische­n Innovation, also der zunehmende­n Digitalisi­erung, sozialer Fortschrit­t erwachsen könne, so Fahimi.

Der Trend auf dem Arbeitsmar­kt zeige derzeit in zwei entgegenge­setzte Richtungen, wie die Staatssekr­etärin einräumen musste. Da sind auf der einen Seite die gut verdienend­en Hochqualif­izierten und auf der anderen Seite die Niedrigqua­lifizierte­n im Dienstleis­tungssekto­r. »Haltelinie­n« wie der Mindestloh­n und das Gesetz zur Leiharbeit reichten da nicht und seien zudem »Ausdruck einer gewissen Schwäche«, unterstric­h Fahimi.

Doch wie verhindern, dass die soziale Spaltung tiefer wird? Auch hier blieb sie vage, rief die Anwesenden aber dazu auf, »Gestaltung­sspielraum« zurückzuge­winnen. Letztendli­ch gehe es um die alte Frage: »Wie werden Produktion­sgewinne verteilt?« Eben hier sollten Gewerkscha­ften und Gesetzgebe­r ein Wörtchen mitzureden haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany