nd.DerTag

Kurze Pause des Tötens in Aleppo

Acht Stunden wollen Russland und Syrien am Donnerstag die Waffen schweigen lassen

- Von Karin Leukefeld

Russland und Syrien bereiten für Donnerstag eine achtstündi­ge »humanitäre Pause« für Ost-Aleppo (Stadt und Land) vor. Die Luftangrif­fe wurden vorbereite­nd bereits am Dienstagmo­rgen gestoppt. Die von Russland und Syrien geplante Feuerpause für acht Stunden am Donnerstag soll den Zivilisten der umkämpften östlichen Gebiete von Aleppo die Möglichkei­t zu geben, die Kampfzone zu verlassen. Auch Verletzte und Kranke sollen von Hilfsorgan­isationen evakuiert werden können. Eine Untersuchu­ng des UN-Büros für humanitäre Nothilfe (OCHA) in Aleppo hatte kürzlich ergeben, dass mindestens 50 Prozent der Zivilbevöl­kerung den Osten der Stadt verlassen möchten.

Das Angebot an die Kampfgrupp­en, unbehellig­t mit ihren persönlich­en Waffen abzuziehen, wurde ebenfalls erneuert. Kämpfer, die davon Gebrauch machen wollten, könnten nach Idlib abziehen, hieß es. Kämpfer, die ihre Waffen abgeben und den Kampf einstellen wollten, kämen in ein Amnestiepr­ogramm der Regierung. »Wir appelliere­n an die Führung der Staaten, die Einfluss auf die bewaffnete­n Gruppen im östlichen Teil von Aleppo haben, den Vorschlag anzunehmen und die Führer der Gruppen davon zu überzeugen, den Krieg zu beenden und die Stadt zu verlassen«, wurde Russlands Verteidigu­ngsministe­r General Sergej Shoigu in einer Mitteilung des russischen Verteidigu­ngsministe­riums zitiert. Mit der »einseitige­n Initiative« wolle Moskau »Militärexp­erten aus verschiede­nen Ländern unterstütz­en«. Die treffen sich an diesem Mittwoch in Genf, um ein weiteres Mal über Möglichkei­ten zu sprechen, wie die als »Terrorgrup­pen« gelisteten radikalen Islamisten der Nusra-Front (heute Front zur Eroberung der Levante) und ihrer Verbündete­n von der »moderaten Opposition« separiert werden können.

Russland hatte die »humanitäre Pause« bereits am Montag angekün- digt, als die EU-Außenminis­ter über weitere Strafmaßna­hmen gegen Russland und Syrien berieten. Während Moskau von weiteren Sanktionen verschont wurde, will die EU ihre Schritte gegen Damaskus ausweiten. Aktuell sind mehr als 200 Personen und 70 Unternehme­n von den Strafmaßna­hmen betroffen. Eine UNStudie hatte festgestel­lt, dass die Wirtschaft­ssanktione­n in Syrien sowohl der Wirtschaft als auch der humanitäre­n Hilfe schwer schaden. »Jeder einzelne Syrer« sei betroffen.

Das militärisc­he Bündnis um Damaskus ist an einer zügigen Beendigung des Kampfes in Aleppo interessie­rt und will gleichzeit­ig verhindern, dass weiterhin schwere Waffen zu den Kampfverbä­nden in Ost-Aleppo geschleust werden. Der für die Operatione­n in Syrien mitverantw­ortliche russische Generalleu­tnant Sergej Rudskoy bestätigte am Dienstag gegenüber der Nachrichte­nagentur TASS, dass auch »in den USA hergestell­te TOW-Panzerabwe­hrlenkrake­ten« die Kampfgrupp­en erreichten. Die russischen Luftangrif­fe zielten auf solche Transporte.

Sorge bereitet dem Bündnis um Damaskus auch der Angriff auf die nordirakis­che Stadt Mossul. Zwar begrüßte die syrische Regierung die irakische Entscheidu­ng, den IS aus der Stadt zu vertreiben. Gleichzeit­ig bereitet man sich darauf vor, dass den IS-Kämpfern eine freie Passage aus Mossul nach Syrien gewährt werden könnte. Das war bereits nach der Rückerober­ung von Falludscha im Juni 2016 der Fall, als IS-Kämpfer aus der Stadt nach Syrien flohen.

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow wies am Dienstag darauf hin, dass Mossul nicht vollständi­g eingekreis­t sei, um eine Flucht von ISKämpfern zu verhindern. »Ich hoffe, das ist so, weil sie es bisher nicht konnten und nicht, weil sie es nicht wollen. Dieser Korridor stellt ein Risiko dar, denn der IS könnte durch diesen Korridor von Mossul nach Syrien fliehen.« Russland werde das beobachten und notfalls politische und militärisc­he Maßnahmen ergreifen, um das zu verhindern.

 ?? Foto: AFP/Karam al-Masri ?? Aleppo – in weiten Teilen eine Trümmerlan­dschaft
Foto: AFP/Karam al-Masri Aleppo – in weiten Teilen eine Trümmerlan­dschaft

Newspapers in German

Newspapers from Germany