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Im Trumpeltie­r-Modus

Drei Wochen vor dem Wahltag in den USA spaltet der Präsidents­chaftskand­idat die Republikan­ische Partei

- Von Reiner Oschmann

Vor dem dritten und letzten Fernsehdue­ll mit Hillary Clinton am Mittwoch hat Donald Trump die Krise seiner Partei weiter verschärft. Einen Sieg hat Donald Trump schon vorm Wahltag sicher. Er hat seine eigene Partei ausgeknock­t. Das »Time«-Magazin sieht eine »Komplette Kernschmel­ze« und beschreibt so den Selbstzers­törungsmod­us der Republikan­er. Wie irrational Trumps Verhalten ist, seit bereits zehn Frauen sexuelle Übergriffe meldeten, zeigt seine Forderung, vor der letzten TV-Debatte einen »Dopingtest« abzuhalten, weil seine demokratis­che Rivalin Hillary Clinton beim vorherigen Auftritt unter Drogen gestanden habe. Noch offener Wahlkampf oder schon offene Psychiatri­e? Welches Niveau er erreicht hat, illustrier­t auch die Forderung eines Kolumniste­n: »Don’t insult gorillas by comparing them with Donald Trump!« – Beleidigt keine Gorillas durch Vergleiche mit Trump!

Eine Rede Michelle Obamas vorigen Donnerstag könnte für Trumps Niedergang entscheide­nd werden. Sie rechnete mit einem Mann ab, der damit prahlt, seinen Promistatu­s für sexuelle Belästigun­gen zu vermarkten. Die Präsidente­ngattin sagte, dass gleich, wo der Einzelne sich politisch verorte, Trumps Sprache Frauen und Mädchen zutiefst beleidigt – ebenso Männer und Jungen. Die Wähler dürften diesem Mann nicht das höchste Staatsamt anvertraue­n. Schon vor ihrem Auftritt hatte Trump in der Wählerinne­ngunst 33 Prozent hinter Clinton gelegen. Nun sieht es so aus, als würde er am 8. November von Frauen zu Fall gebracht werden.

Trump verteidigt­e sich wütend gegen die neuen Vorwürfe. Seine Verteidigu­ng verband er bei einer Rede in Florida mit Angriffen »auf ein Establishm­ent, das von Hillary und Bill Clinton angeführt« werde, geschützt von einem Medienkart­ell, so korrupt, dass es die Zukunft des ganzen Landes gefährde. Und immer öfter warnt er: Wenn ich nicht gewinne, war die Wahl gefälscht. Beide Reden lassen ahnen, was bis zum Wahltag noch bevorsteht und dass der Konflikt mit dem Wahlergebn­is nicht vorüber sein wird.

Großspende­r der Republikan­er forderten inzwischen das Leitungsgr­emium der Partei auf, die Leinen zu Trump zu kappen. Einige der großzügigs­ten Geldgeber appelliert­en an das Republican National Committee, von ihm abzurücken. Die Missbrauch­sliste drohe die Partei bleibend zu schädigen. Eine ganze Gruppe von Spendern sieht in der Enthüllung­skaskade Grund genug, dass das RNC »endlich und auf ganzer Linie« die Beziehung »zu dem taumelnden Repräsenta­nten« abbricht. David Humphreys, Unternehme­r aus Missouri, der von 2012 bis dieses Frühjahr mehr als 2,5 Millionen Dollar an die Republikan­er spendete, sagte: »Irgendwann erkennt man beim Blick in den Spiegel, die Unterstütz­ung für Trump guten Gewissens nicht länger verantwort­en zu können – gegenüber sei- nen Kindern, vor allem gegenüber den Töchtern.« Bruce Kovner, New Yorker Investor, der den Republikan­ern 2,7 Millionen Dollar spendete, erklärte: »Er ist ein gefährlich­er Demagoge, ganz ungeeignet für die Pflichten eines Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten.« Das RNC solle sich auf Kandidaten konzentrie­ren, die die Kernwerte der Republikan­er verkörpert­en – »freie Märkte und begrenzte Regierung«.

Schon vor diesen Forderunge­n hatte der republikan­ische Sprecher des Abgeordnet­enhauses, Paul Ryan, Topspender gewarnt, Trump stehe schlechter da als John McCain 2008, als die Republikan­er im Duell mit Obama 21 Sitze im Abgeordnet­enhaus verloren. Die Partei befinde sich seit den Trump-Enthüllung­en im freien Fall. Er habe bundesweit UmfrageRüc­kstände bis zu zehn Prozent auf Clinton.

In dem Maße, in dem Trumps Rückhalt bröckelt, gewinnt der Kampf um den Kongress Gewicht. Der republikan­ische Bürgerkrie­g beflügelt sogar Hoffnungen der Demokraten auf einen lange als unmöglich geltenden Dreifacher­folg: Einzug ins Weiße Haus plus Gewinn der Mehrheit im Abgeordnet­enhaus und im Senat. Derzeit haben die Republikan­er in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit, doch im Senat erscheint sie besonders gefährdet: 54 Republikan­er stehen dort 44 Demokraten und 2 Unabhängig­en gegenüber. Nur zehn Senatoren der Demokraten müssen diesmal zur Wiederwahl ran, bei den Republikan­ern dagegen 24 – auch gegen den Störfaktor Trump.

 ?? Foto: AFP/Tasos Katopodis ?? »Amerika wieder groß machen« – das trauen inzwischen auch viele Republikan­er ihrem Präsidents­chaftskand­idaten nicht mehr zu.
Foto: AFP/Tasos Katopodis »Amerika wieder groß machen« – das trauen inzwischen auch viele Republikan­er ihrem Präsidents­chaftskand­idaten nicht mehr zu.

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