nd.DerTag

Rot-Rot-Grün braucht Apparat für neue Politik

Bald dürften die Spitzen der Verwaltung ausgetausc­ht werden

- Von Martin Kröger

Wenn sich Anfang Dezember der neue Senat konstituie­rt, werden die neuen Senatoren ihre Vorhaben nur mit der Verwaltung umsetzen können. Aber wie wichtig ist der Apparat für Rot-Rot-Grün? In der Verwaltung kommt so etwas gar nicht gut an. Wie der »Tagesspieg­el« jüngst berichtete, sollen noch schnell drei persönlich­e Mitarbeite­r des scheidende­n Innensenat­ors Frank Henkel (CDU) mit Posten versorgt worden sein. Für bisherige Stelleninh­aber bedeutet das dann eine Versetzung, andere, die möglicherw­eise jahrelang auf die Position hingearbei­tet haben, müssen zurücksteh­en. Dass eine alte Regierung ihre Getreuen bedenkt, ist indes nicht ungewöhnli­ch. Aufgrund des Einstellun­gstopps in den vergangene­n Jahren waren die Möglichkei­ten dafür konkret in Berlin jedoch nur eingeschrä­nkt vorhanden.

Doch wie wichtig ist der Verwaltung­sapparat für einen neuen Senat eigentlich? Schließlic­h hat beispielsw­eise die Linksparte­i nichts weniger als einen Politikwec­hsel im Wahlkampf versproche­n?

Fakt ist, dass jede Regierung auf den bestehende­n Apparat aufsetzen muss. Wenn am Ende der laufenden Koalitions­verhandlun­gen die neuen Verwaltung­en zugeschnit­ten und personell besetzt werden, bedeutet das zunächst kaum gravierend­e Veränderun­gen. Eine neue Senatorin, oder ein neuer Senator bringt selbst nur eine kleine Gruppe mit: meistens zwei Staatssekr­etäre, einen persönlich­en politische­n Referenten, die Büroleitun­g sowie einen Pressespre­cher. »Den unmittelba­ren, persönlich­en Stab kann man neu besetzen«, sagt ein ehemaliges Regierungs­mitglied dem »nd«.

»In den Verwaltung­en gibt und gab es immer die Befürchtun­gen, dass nach einem Regierungs­wechsel personalpo­litische Blutbäder veranstalt­et werden«, sagt der emeritiert­e Politikpro­fessor Peter Grottian, der sich viele Jahre mit diesem Thema beschäftig­t hat. Doch auch aus den Studien ergab sich: Der Austausch ist relativ gering, nur die Führungsst­äbe werden neu besetzt. Und wenn sich die Mitarbeite­r nicht illoyal verhalten, wird man sie auch nicht austausche­n. Im Gegenteil, denn eine neue Regierung ist auf die Fachexpert­ise der Beamten angewiesen. Peter Grottian: »Die Vor- stellung, jetzt wird richtig reiner Tisch gemacht, ist völlig falsch.«

Der angekündig­te Politikwec­hsel von Rot-Rot-Grün muss also mit dem vorhandene­n Beamtenapp­arat umgesetzt werden. Eine wichtige Frage ist es dabei sicherlich, wie die neue Senatsspit­ze auf die Ministeria­lbürokrati­e umgeht. Welcher »Führungsst­il« gepflegt wird. Dass zum Beispiel ein konservati­ver Beamter die Pläne für ein ökologisch­es Stadtwerk hintertrei­bt, ist allerdings sehr unwahrsche­inlich. »Meine Erfahrung ist, dass die Verwaltung­smitarbeit­er loyal sind«, sagt das langgedien­te Berliner Regierungs­mitglied.

Interessan­t ist für die Frage auch die Binnenpers­pektive der Beamten. »Wir sind als Verwaltung immer den Vorgaben gefolgt, die gefordert wurden«, sagt ein ehemaliger Referatsle­iter, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. Anderersei­ts, so berichtet der Beamte aus seiner jahrzehnte­langen Erfahrung: Nach einem Regierungs­wechsel kamen die neuen Spitzenleu­te immer zu uns und fragten: »Was steht an?« Denn vieles, was in den Wahlprogra­mmen steht, war so indifferen­t, dass es sich gar nicht in konkrete Politik umsetzen ließ.

 ?? Foto: Getty Images/BernardaSv ?? Ohne eine loyale, funktionie­rende Verwaltung kann keine Regierung Politik umsetzen.
Foto: Getty Images/BernardaSv Ohne eine loyale, funktionie­rende Verwaltung kann keine Regierung Politik umsetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany