Kraftmeierei am Transfer-Tropf
Sachsens Rechnungshof holt Schwarz-Rot in Sachen Finanzen auf den Boden der Tatsachen
Fehl- und Mehrinvestitionen, Sparen an falscher Stelle, Förderung ohne Ziel und Kontrolle – obwohl Sachsens Regierung sich gern als Vorbild in Sachen Finanzen gibt, hat der Rechnungshof viel zu bemängeln. Dresden. Erst in der vergangenen Woche hatte sich Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) öffentlich mächtig auf die schulter geklopft. Er sehe seine »solide Haushaltspolitik« durch den Stabilitätsbericht der CDU/SPD-Landesregierung bestätigt, erklärte er. »Diesem bewährten Rezept werden wir auch in Zukunft folgen und so die Grundlage für die weitere erfolgreiche Entwicklung in Sachsen schaffen.« Auf Grundlage des Berichts, der einen Überblick über die finanziellen Eckdaten liefert und jährlich vom Bund und allen Ländern erstellt werden muss, wird geprüft, ob eine Haushaltsnotlage droht. Laut Unland gibt es im Freistaat Sachsen keine Auffälligkeiten.
Sachsens Landesrechnungshof bewertet die Haushaltspolitik des Freistaates allerdings etwas anders. Zwar sprach Präsident Karl-Heinz Binus bei der Vorstellung des Jahresberichts 2016 von einer »im Großen und Ganzen verantwortungsvollen Haushaltspolitik«, sparte aber dennoch nicht mit Kritik. Viele Probleme, die der Rechnungshof als das »finanzielle Gewissen des Staates« in der Vergangenheit angesprochen habe, seien nicht gelöst. So sei etwa im IT-Bereich »erheblich Luft nach oben«, sagte Binus. »Es fehlen oft verbindliche Konzepte, Ressorts entscheiden eigenständig und Synergieeffekte bleiben aus.«
Der Rechnungshofpräsident mahnte vor allem wegen massiver Altersabgänge eine belastbare Lehrer-Bedarfsprognose an. Aufhorchen lasse, dass dem pädagogischen Bereich fast 500 Vollstellen entzogen werden, ein Fünftel davon sei für Verwaltungsleistungen eingesetzt. Auch die Förderung ohne Ziel und die fehlende Kontrolle von Projekten wurden kritisiert. Oder das gegenwärtige Verfahren für die Jagd von Rot-, Dam- und Muffelwild, das nicht zu einer verträglichen Wilddichte führe. Zudem wird empfohlen, die Beteiligung an den defizitären ElbeHäfen zu überdenken.
Die anhaltend sehr guten Steuereinnahmen führten »zur Reflexion einer hauswirtschaftlichen Stärke, die tatsächlich eigentlich nicht vorhanden ist«, stellte Binus fest. Sachsen könne nur rund 60 Prozent sei- ner Ausgaben selbst erwirtschaften und sich nicht mit Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen messen. »40 Prozent sind Transferleistungen«, die auslaufen. Vielmehr muss sich das Bundesland laut Rechnungshofpräsident bis zum Jahr 2025 auf einen Rückgang der Einnahmen von elf Prozent des derzeitigen Volumens einstellen und seine Ausgaben entsprechend anpassen. Dafür brauche es eine ausreichende Vorsorge und strikte Haushaltskonsolidierung.
Im ersten Berichtsband des Rechnungshofes zur Staatsverwaltung im Jahr 2014 wird unter anderem festgestellt, dass der Justiz durch den geplanten, aber nicht umgesetzten Stellenabbau bei der Straffung der Gerichtsstruktur 179 Millionen Euro fehlen. Oder dass bei Bauinvestitionen viel gespart werden könnte, wenn der Freistaat seine Objekte in der Vergangenheit besser gepflegt hätte. Da sich Sozial- und Finanzministerium nicht einigen konnten, blieben vereinbarte Ablieferungen der Krankenhäuser in Höhe von elf Millionen Euro aus.
Der Rechnungshof kritisierte, dass die Dresdner Handwerkskammer ihren Hauptgeschäftsführer im bundesweiten Vergleich »unangemessen hoch« bezahlt und hält den Stand unerledigter Verfahren beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen für nicht haltbar. Defizite bei der Organisation, Personalabbau, Doppelarbeit und lange Akten-Liegezeiten kosteten den Staat zusätzlich Geld, sagte Binus.
Der zweite Berichtsband zu den Kommunalfinanzen soll im Dezember vorgestellt werden.
Auch die Förderung ohne Ziel und die fehlende Kontrolle von Projekten wurden durch den Rechnungshof kritisiert.