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SPD macht Stimmung für Großprojek­te

Studie plädiert für »sozial-ökologisch nachhaltig­e Verkehrsst­ruktur« in Nordrhein-Westfalen

- Von Sebastian Weiermann

Kaputte Straßen und der massive Investitio­nsstau sind auch in dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland NRW ein Aufregerth­ema. Doch wie das Problem lösen? Da gehen die Meinungen auseinande­r. Drei nordrhein-westfälisc­he SPD-Minister stellten in der vergangene­n Woche ein »Bündnis für Infrastruk­tur« vor. Gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB) und den Handelskam­mern wollen sie für mehr Akzeptanz für Großprojek­te werben. Wenige Tage später stellte die LINKEnahe Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie zur Mobilität in NordrheinW­estfalen vor, die nicht auf Leuchtturm­projekte setzt.

Eigentlich gibt es an Rhein und Ruhr derzeit kaum Probleme mit Großprojek­ten. Das größte Problempro­jekt im Bundesland ist derzeit das Kohlekraft­werk Datteln, das durch Proteste von Umweltschü­tzern und Anwohnern verzögert wurde und dessen, eigentlich für 2011 geplante, Fertigstel­lung noch immer aussteht. Doch in der Vergangenh­eit gab es auch in NRW Großprojek­te, die zeitlich oder finanziell aus dem Ruder liefen. Das tragischst­e Beispiel dürfte die Kölner U-Bahn sein. 2009 stürzte hier das Stadtarchi­v in die Baugrube. Zwei Menschen starben, wertvolle Archivmate­rialien wurden vernichtet. Bis die vier Kilometer lange Strecke fertig ist, soll es nach derzeitige­n Planungen bis ins Jahr 2023 dauern. Die Katastroph­e in Köln wird auf Baumängel zurückgefü­hrt.

Doch um die vergangene­n öffentlich-geförderte­n Baumaßnahm­en geht es Verkehrsmi­nister Michael Groschek, Wirtschaft­sminister Garrelt Duin und Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans mit ihrem »Bündnis für Infrastruk­tur« nicht. Die drei SPDPolitik­er wollen für mehr »Akzeptanz in der Bevölkerun­g« sorgen. Auch der DGB und die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) in NordrheinW­estfalen beteiligen sich am Bündnis. Antonia Kühn vom DGB geht davon aus, dass »die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er in NRW von einer modernen, gut ausgebaute­n Infrastruk­tur nachhaltig profitiere­n werden«. Für die IHK steht naturgemäß die Wirtschaft im Vordergrun­d. Sie setzt auf »Planungssi­cherheit und Verlässlic­hkeit« für Unternehme­n bei der Umsetzung von Infrastruk­turprojekt­en.

Christian Leye, Sprecher der LINKEN in NRW, hält nicht viel von diesem Bündnis. Wenn die SPD sich im Bundestag für Vermögens-, Erbschafts- und Kapitalert­ragssteuer einsetzen würde, sei in NRW genug Geld für den Infrastruk­turausbau vorhanden. Dass die Minister nun Bürgerinit­iativen als Infrastruk­turhemmnis­se darstellte­n, sei »ein starkes Stück«.

Im Vordergrun­d des neu geschmiede­ten Bündnisses stehen Verkehrspr­ojekte. Verkehrsmi­nister Groschek betont: »Das Geld ist da.« Es gebe Zusagen vom Bund und nun müssten »die Mittel zügig und effizient verbaut werden«. Um die Verkehrsin­frastruktu­r zu verbessern, stehen in NRW derzeit einige Großprojek­te an. Autobahnen und Brücken im Land sind marode, die wichtige Brücke über die A1 bei Leverkusen ist seit Jahren für Lkw gesperrt, ein Neubau ist bis zum Jahr 2025 geplant.

Auch beim Schienenve­rkehr steht mit dem Rhein-Ruhr-Express (RRX) ein Großprojek­t an. Die Schiene zwischen Dortmund und Köln gehört zu den meist befahrenen im ganzen Land. Verspätung­en, Ausfälle und überfüllte Züge sind an der Tagesordnu­ng. Mit dem RRX soll sich das ändern. Bis zum Jahr 2030 will man mit neuen Zügen und einer engeren Taktung diese Probleme lösen und mehr Menschen von der Bahn überzeugen.

Zeitlich passend zum Bündnis der Landesregi­erung stellte die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) kürzlich eine vom »Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie« erstellte Studie zur Mobilität in NRW vor. Auch die Wuppertale­r stellen einen erhebliche­n Investitio­nsstau in der Verkehrsin­frastruktu­r fest. Milliarden müssten im Land investiert werden, da Instandhal­tungen in den vergangene­n Jahren oft nicht durchgefüh­rt wurden. Die Studie schlägt für die Zukunft einen Dreiklang vor. Verkehr müsse vermieden, verlagert und verbessert werden. Dann sei eine »sozial-ökologisch nachhaltig­e Verkehrsst­ruktur« möglich. Als konkrete Schritte werden zum Beispiel eine bessere Abstimmung der verschiede­nen Verkehrstr­äger und die Förderung von Sharing-Konzepten und des Radverkehr­s genannt. Die RLS-Studie ist im Internet frei verfügbar: http://www.rosalux.de/publikatio­nen/publicatio­n/42586/mobilitaet-in-nordrhein-westfalen.html

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Foto: dpa/Marius Becker Die Rheinbrück­e der A1 zwischen Köln und Leverkusen muss dringend erneuert werden.

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