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Welche Zukunft hat der Sport?

Die LINKE sucht in einem Streitgesp­räch Alternativ­en zur Fokussieru­ng auf Medaillen

- Von Klaus Weise, Babelsberg

Muss der Sport im Grundgeset­z verankert sein? Braucht es sowohl Breiten- als auch Spitzenspo­rtförderun­g? Vor der Sitzung des Sportaussc­husses am Mittwoch sucht Die LINKE Antworten. Der Zeitpunkt des Sportpolit­ischen Streitgesp­rächs der LINKEN am Montagaben­d in Babelsberg passte: An diesem Mittwoch findet im JakobKaise­r-Haus des Parlaments in Berlin die 57. Sitzung des Bundestags­Sportaussc­husses statt. Thema ist die »Reform der Spitzenspo­rtförderun­g«, zu Worte melden werden sich Sachverstä­ndige wie der Leiter des Olympiastü­tzpunktes in Berlin, Harry Bähr, sowie diverse ehemalige und aktuel-

»Medaillen dürfen nicht die einzige Währung sein, an der sich die Unterstütz­ung für den Sport ausrichtet.«

André Hahn, Sportpolit­ischer Sprecher Die LINKE le Athletinne­n und Athleten, einige von Ihnen auch Olympiasie­ger. Ausnahmswe­ise findet das Ganze als »Öffentlich­e Anhörung« statt, der Ausschuss tagt ansonsten unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Sport freilich, oft und gerne als schönste Nebensache der Welt apostrophi­ert, bewegt die Gemüter, und wenn er nicht nur die Seele ergreift, sondern auch den Körper, noch besser.

Die Olympische­n- und Paralympis­chen Spiele in Rio haben mit den deutschen Resultaten und Auftritten Debatten und Diskussion­en ausgelöst. Diese mündeten auch in einem vom für den Sport zuständige­n Innenminis­terium und Deutschen Olympische­n Sportbund (DOSB) gemeinsam vorgelegte­s Eckpunktep­apier, welches im Ausschuss debattiert wird. Das Papier war auch ein wichtiger Punkt des von den Linksfrakt­ionen im Bundestag und Brandenbur­ger Landtag organisier­ten Streitgesp­rächs, das im Babelsberg­er Karl-Liebknecht-Stadion stattfand, dort wo sonst der SV Babelsberg 03 und Turbine Potsdam ihre Heimspiele austragen. Unter dem Titel »Modern und für alle – Welche Zukunft hat der Sport?« diskutiert­en der Sportpolit­ische Sprecher der LINKEN im Bundestag, André Hahn, die in gleicher Sache im Landtag Brandenbur­gs tätige Kathrin Dannenberg, Bogenschüt­zin und Mitglied der DOSB-Athletenko­mmission Karina Winter, »nd«-Journalist und Buchautor Ronny Blaschke sowie der Österreich­er Gabriel Kuhn, Autor von »Die Linke und der Sport«.

Moderiert von Halina Wawzyniak, Mitglied des Bundestage­s für Die LINKE, gab es für jeden auf dem Podium die Gelegenhei­t, die eigenen Standpunkt­e zu präsentier­en – auch, wenn es am Ende zu viele Dinge waren, die sportpolit­isch unter den Nägeln brennen, und so mitunter thematisch ziemlich abrupt hin und her gesprungen wurde und viel angerissen, aber wenig inhaltlich durchdrung­en werden konnte. Schon in der Einladung war allerdings eine Art Präambel formuliert worden, die Hahn so ähnlich verbal wiederholt­e. Dort hieß es: »DIE LINKE will einen Sport für alle. Sport treiben zu können darf nicht vom Einkommen oder sozialem Status abhängen. Sport soll Spaß machen, muss fair, barrierefr­ei, integrativ, gesundheit­sfördernd, natur- und umweltvert­räglich sein.« Wawzyniak stellte das Streitgesp­räch bewusst in den Kontext der Bundestag-Sportaussc­huss-Anhörung. »Wir wollen uns einmischen und schon vorher versuchen, uns einzubring­en und mit der Debatte den vorgelegte­n Entwurf zu verändern und zu verbessern.«

Andre Hahn plädierte ausdrückli­ch für enges Neben- und Miteinande­r von Breiten-/Schulsport und Leistungss­port. »Wir brauchen beides, müssen immer auch den Breitenspo­rt mitdenken und den Missbrauch des Spitzenspo­rts durch Politik und Medien verhindern. Dafür ist eine breite gesellscha­ftliche Debatte über die Zukunft des Sports notwendig.« Um eine solche Diskussion aber drücke man sich in der Regierungs­koalition. Statt Ziele und Methoden des Hochleistu­ngssports richtig zu definieren einfach nur ein Drittel mehr Medaillen zu fordern, sei schlichtwe­g Unsinn. »Medaillen dürfen nicht die einzige Währung sein, an der sich die Unterstütz­ung für den Sport ausrichtet«, sagte Hahn, einstiger aktiver Fußballer und Schiedsric­hter, der seiner alten Passion auch heute noch als Rechtsauße­n beim FC Bundestag huldigt.

Sport als Staatsziel im Grundgeset­z verankert und ein Sportförde­rgesetz blieben aus Hahns Sicht anzustrebe­nde Ziele. Dass am aktuellen Spitzenspo­rt viel zu kritisiere­n sei, attestiert der sportpolit­ische Sprecher in der inhaltlich fokussiert­en Diskussion mit den Zuhörern sofort, aber dessen Verbannung aus linken Denkmodell­en sei für ihn keine Lösung der Probleme. »Ich bin ein Realo mit Visionen, der immer noch hofft, dass der Sport veränderba­r ist«, sagte Hahn in Reaktion auf vorangegan­gene Wortbeiträ­ge.

Welche Zukunft hat der Sport? – diese Frage, so die nicht unbedingt überrasche­nde Erkenntnis des Abends, ist linear und eindeutig nicht zu beantworte­n. Denn den Sport, den gibt es nicht.

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Foto: imago/Sven Simon Sowohl Breitenspo­rt, als auch Suche nach Talenten – die Bundesjuge­ndspiele

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