Carlo Ancelotti verzichtet auf Startelfumbau
Nach drei sieglosen Spielen in Folge will der FC Bayern nichts von Krise wissen, ein Sieg in der Champions League ist aber Pflicht
Die 100-Tage-Schonfrist ist abgelaufen. Carlo Ancelotti muss in München die erste knifflige Phase meistern. Das versucht er ohne Aktionismus. »Anderes Feuer« heißt die Lösung gegen Eindhoven. Krise? »Dafür ist es zu früh«, verkündete Carlo Ancelotti am Dienstag auf dem Pressepodium der Münchner Arena. Der Italiener besitzt als Trainer nach über 20 Jahren in den größten Fußballvereinen Europas die Gabe, auch in angespannten Momenten wie aktuell beim FC Bayern München nicht in Aktionismus zu verfallen.
»Ich muss mir selbst treu bleiben«, lautete darum auch Ancelottis Kernaussage vor dem plötzlich so extrem wichtigen Gruppenspiel am Mittwochabend (20.45 Uhr/ZDF ) in der Champions League gegen PSV Eindhoven. »Es ist mein Job, ruhig zu bleiben und Lösungen zu finden mit meinen Spielern«, erklärte er an seinem 100. Tag beim deutschen Rekordmeister. Vertrauen ist sein Lösungsansatz: »Die Spieler hier sind sehr professionell, sehr intelligent.«
Drei Spiele ohne Sieg und der lautstarke Warnruf von Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge haben die Münchner Stars aufgerüttelt. »Wir haben schon eine kleine Drucksituation«, verkündete Nationalspieler Mats Hummels am Dienstag nach dem geheimen Abschlusstraining, das überraschend auch der angeschlagene Arturo Vidal mitmachte. Nur Franck Ribéry fällt gegen Eindhoven definitiv aus.
Die Mannschaft sieht die Bringschuld bei sich und nicht bei ihrem Trainer, über dessen menschliche Art plötzlich viel diskutiert wird. »Es ist ein Spielerding, dass wir nicht die Leistung gezeigt haben«, sagte Hummels. Im Training sei »ein ganz anderes Feuer« zu spüren gewesen, berichtete der Weltmeister. Das stimme ihn zuversichtlich: »Ich bin ganz guter Dinge, dass wir gegen Eindhoven das richtige Gesicht an den Tag legen.«
Über Ancelotti berichte Hummels, dass er lieb und nett sei – »aber nicht immer. Es ist nicht so, dass er sagt: alles locker, alles okay.« Sichtbares Zeichen dafür war, dass die Spieler erstmals in Ancelottis Münchner Amtszeit die Nacht vor einem Heimspiel im Hotel verbringen sollten. »Es ist hilfreich, die Sinne zu schärfen«, sagte Hummels zu der Maßnahme, die der Trainer nicht überbewerten mochte: »Ich habe schon vor der Saison gesagt, dass es vor besonderen Spielen ins Hotel geht. Und am Mittwoch ist es ein besonderes Spiel.«
In der Tat. Bayern-Boss Rummenigge hatte nach dem 2:2 in Frankfurt »eine andere Gangart« befohlen. Die erwartet auch der Trainer. »Wir haben gelernt, dass wir ohne Intensität, ohne Ordnung nicht gewinnen können«, sagte Ancelotti. Von Straf- aktionen gegen seine Spieler hält er aber nichts. Der von ihm spontan angekündigte große Startelfumbau fällt aus: »Wir müssen die Einstellung wechseln, nicht die Spieler.«
Robert Lewandowski wird nach überstandenen Wadenproblemen wieder von Beginn an stürmen. »Wir haben nur drei Punkte im Kopf«, versprach der Torjäger den Bayern-Anhängern. Beim angeschlagenen Kämpfer Vidal will Ancelotti kein Risiko eingehen: »Wir haben gute Mittelfeldspieler.« Das gilt aktuell besonders für Jungstar Joshua Kimmich. Die Spieler hätten untereinander viel diskutiert und analysiert, verriet Hummels. Die interne Vorgabe laute, wieder »ans Leistungsmaximum zu gehen«.
Unterschätzen sollten die Bayern den Gegner nicht. Der 23-malige niederländische Meister mit den früheren Bundesligaprofis Daniel Schwaab, der zuletzt mit dem VfB Stuttgart abgestiegen war, Luuk de Jong (Gladbach) und Andres Guardado (Leverkusen) scheiterte in der vergangenen Saison im Achtelfinale denkbar knapp im Elfmeterschießen an Atlético Madrid, Bayerns Halbfinalbezwinger. »PSV ist ein sehr gutes Team, gut organisiert«, mahnte Ancelotti. Das Problem von Eindhoven, das mit einem Punkt in Gruppe D hinter den Bayern (drei Punkte) auf Platz drei rangiert, ist das Toreschießen. »Ich wünsche es ihnen von Herzen, dass es so bleibt«, sagte Hummels.