Ende der Roaminggebühren in Europa 2017?
EU-Kommission gibt Zeitlimit beim Roaming auf
Die Handytarife in Europa sind fast so unterschiedlich wie die Bierpreise. Trotzdem soll künftig gelten: Wer verreist, nimmt seinen Tarif aus der Heimat mit. Telefonieren und surfen also wie zu Hause. Die Abschaffung der RoamingGebühren in der EU soll ab Mitte 2017 in Kraft treten. Ursprünglich wollte die EU-Kommission die Handynutzung im Ausland ohne Zusatzkosten nur für 90 Tage pro Jahr garantieren. Nach massiver Kritik wurde dieser Plan gekippt. Eine endgültige Entscheidung über diesen Vorschlag soll bis spätesten 15. Dezember 2016 fallen. Was soll ab 15. Juni 2017 auf Verbraucher zukommen? Grundsätzlich gilt: Wer mit einer SIM-Karte aus einem EULand in ein anderes fährt, soll beim Telefonieren und Surfen nicht mehr zahlen als zu Hause. Eine zeitliche Befristung und eine Obergrenze bei den genutzten Leistungen soll es nicht geben. Auch wenn man mit einem deutschen Handyvertrag monatelang beispielsweise in Budapest wohnt, arbeitet oder studiert, zahlt man für Telefonate, SMS oder Internetnutzung nur die daheim vertraglich vereinbarten Gebühren. Kommt damit die grenzenlose Handynutzung in der EU? Nicht ganz. Geplant sind noch Beschränkungen, die nach dem Willen der EU-Kommission Missbrauch ausschließen sollen. Die vorgeschlagene Regelung soll nur gelten, wenn der Nutzer »stabile Beziehungen« zu dem Land hat, in dem die SIMKarte gekauft oder der Handyvertrag geschlossen wurde. Solche »stabilen Beziehungen« sollen häufige Aufenthalte im Heimatland sein. Als Nachweis könnte auch gelten, wenn man Bankkonten, Wohneigentum oder eine Meldeadresse dort hat. Missbrauch wird vermutet, wenn das Handy in der Heimat gar nicht und im EU-Ausland ständig genutzt wird – oder man zu Hause vom günstigeren Auslandsvertrag profitiert. Was passiert bei Missbrauch? Die Telekom-Anbieter sollen gegen Missbrauch vorgehen dürfen. Beispielsweise dann, wenn sich ein Ire in Lettland eine Handykarte mit niedrigen Gebühren besorgt, damit aber praktisch nur in Irland telefoniert. Aus Sicht der EU ist das eben kein »Roaming« – also der vorübergehende Aufenthalt in anderen Ländern –, sondern Missbrauch mit ausländischen Karten im Heimatland. Wenn Telekom-Anbietern dies auffällt, dürfen sie den Nutzer auffordern, sein Nutzungsmuster zu erklären. Kann er das nicht, darf der Anbieter Zusatzgebühren verlangen. Die EUKommission schlägt dafür 4 Cent pro Telefonminute, 1 Cent pro SMS und 0,85 Cent pro Megabyte Daten vor. Warum diese Gebühren? Die EU-Kommission verweist auf die sehr unterschiedlichen Handynutzungskosten in der Gemeinschaft. Zum Beispiel Finnland: Dort bekommt man für denselben Betrag 100 Mal so viel Datenvolumen wie etwa in Ungarn. Verhindert werden soll also, dass sich Bürger aus teuren Ländern einfach eine SIMKarte aus einem billigen Land besorgen, um damit dauerhaft zu Hause zu telefonieren. Denn die Heimatanbieter müssen die Leistungen für ihre Kunden auf den ausländischen Märkten einkaufen. Wenn sie in teuren Ländern ständig draufzahlen, wären sie bald pleite. Ist die Kontrolle in der Praxis nicht sehr kompliziert? Für die Telekom-Anbieter wird es aufwendig, denn sie müssen den möglichen Missbrauch entdecken, sich mit dem Kunden streiten und die Zusatzgebühren durchsetzen. Im Zweifel müssen die Aufsichtsbehörden der einzelnen Mitgliedsländer schlichten. Verbraucher haben also zunächst einmal eine ganz gute Position. dpa/nd