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Grüne Falken über der Levante

Die Bundestags­fraktion der Grünen will Luftkorrid­ore für die Bevölkerun­g Syriens »mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln« durchsetze­n

- Von Fabian Lambeck

Der Bundestag debattiert­e im Rahmen einer Aktuellen Stunde über den Syrienkrie­g. Dabei zeigte sich: Die Falken kommen mittlerwei­le von der Union und den Grünen.

Tempora mutantur: Die Grünen, einst als Friedenspa­rtei gegründet, trommeln für ein militärisc­hes Eingreifen des Westens in Syrien. Sowohl die Grüne Fraktionsc­hefin Katrin GöringEcka­rdt als auch Parteichef Cem Özdemir nehmen da kein Blatt mehr vor den Mund. Damit liegen die Grünen auf einer Wellenläng­e mit Unions-Falken wie dem CDU-Außenpolit­iker Roderich Kiesewette­r, der auf militärisc­h abgesicher­te Korridore in Syrien drängt.

Auch während der Aktuellen Stunde des Bundestage­s am Mittwoch zeigte sich, dass derzeit nur SPD und LINKE auf rein diplomatis­che Lösungen setzen. Der außenpolit­ische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, attestiert­e Russland zwar »schwere Menschenre­chtsverlet­zungen«, aber eben auch »allen anderen Kriegsteil­nehmern«. Mützenich wollte »Sanktionen gegen Russland grundsätzl­ich nicht ausschließ­en« und lag damit auch auf Linie der Bundeskanz­lerin, die solche Sanktionen für eine Option hält. Ganz im Gegensatz zu ihrem Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier (SPD), der nicht versteht, wie und was »Sanktionen hier zur Verbesseru­ng der Versorgung der Zivilbevöl­kerung beitragen sollen«. Auch Mützenich fragte: »Schaffen wir es mit Sanktionen, den Menschen in der Region zu helfen?«, und stellte im selben Atemzug klar: Die SPD sei »nicht naiv gegenüber Russland«.

Nicht nur, weil die Koalitions­partner in der Sache uneins sind, erwartet die Bundesregi­erung beim anstehende­n EU-Gipfel keine Beschlüsse zu Sanktionen gegen Russland. Der Gipfel am Donnerstag und Freitag werde dazu »keine Entscheidu­ng treffen«, sagte ein deutscher Regierungs­vertreter am Mittwoch in Berlin. Das bedeute auch, »er wird keine Option vom Tisch nehmen«, wozu auch Sanktionen gehörten.

Mützenich brachte derweil im Plenum die Position der SPD auf die Formel: »Russland, egal wie es sich verhält, wird Nachbar Europas sein«. Einfache Antworten würden einer Krise, die längst über Syrien hinausgeht, nicht gerecht.

Heike Hänsel von der LINKEN erinnerte das Plenum an die andere Wirklichke­it, zu der auch gehöre, dass West-Aleppo mit Mörsergran­aten aus dem von Dschihadis­ten besetzten Ostteil beschossen werde. Der Bundesregi­erung warf sie vor, eine »Politik der Doppelstan­dards« zu betreiben und tatenlos zuzuschaue­n, wie sich im irakischen Mossul eine humanitäre Katastroph­e abzeichne, während man sich nur auf Allepo fokussiere.

Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) sprach der LINKEN »jede Kompetenz in Menschlich­keit« ab. Stattdesse­n gab er seiner Zuversicht Ausdruck, dass Mossul »nach Jahren der Besetzung durch den IS« befreit werde. Dass Beobachter damit rechnen, die dort lebenden eine Million Sunniten könnten Opfer von Vertreibun­gen werden, ließ Kauder unerwähnt. Sein Fraktionsk­ollege Henning Otte (CDU) plädierte gar dafür, einen Ausschluss Russlands aus dem UN-Sicherheit­srat zu prüfen.

Und die Grünen? Der außenpolit­ische Fraktionss­precher Omid Nouripour räumte ein, keine Patentlösu­ngen zu haben und verwies auf den Antrag seiner Fraktion, der heute im Parlament behandelt werden soll. »Mit allen zur Verfügung stehenden Mit- teln«, heißt es da, sollen die UN dabei unterstütz­t werden, eine Luftbrücke für die notleidend­en Menschen in Syrien einzuricht­en. Den Einsatz von militärisc­her Gewalt schließt der Antrag nicht aus.

Da trifft es sich gut, dass heute auch die Verlängeru­ng des Bundeswehr­einsatzes in Syrien auf der Tagesordnu­ng steht.

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