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Schnellläu­fer für Sachsens Polizei?

Bund und Land beraten über den Fall al-Bakr

- Nd/Agenturen

Berlin. Die Bundestags­opposition will den Tod des Terrorverd­ächtigen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis nicht auf sich beruhen lassen. Vor einer Sitzung des Innenaussc­husses des Bundestage­s forderte die Grünenabge­ordnete Irene Mihalic Aufklärung darüber, wie sich ein Mensch in Obhut der sächsische­n Justiz das Leben nehmen konnte. Gehört wurden auch Generalbun­desanwalt Peter Frank und ein Vertreter des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz.

In der »Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung« hatte Frank indes schon vor der Sitzung die Vor-

Nach einer Umfrage des »Stern« können 48 Prozent der Bundesbürg­er kein Versagen der sächsische­n Justiz in dem Fall erkennen.

haltung zurückgewi­esen, er habe das Verfahren sofort an sich ziehen müssen. »Die Erkenntnis­se hierfür lagen uns erst im Laufe des 9. Oktober vor, nämlich als klar war, um welche Art von Sprengstof­f es sich handelte und welche genaue Menge aufgefunde­n worden war«, sagte er. Al-Bakr hatte sich vergangene­n Mittwoch zwei Tage nach seiner Festnahme in einer Zelle in Leipzig erhängt. Die Ermittler glauben, dass er einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen plante.

In Berlin gab es dabei scharfe Worte in Richtung Dresden. So verteidigt­e der SPD-Innenexper­te Uli Grötsch das Agieren von Verfassung­sschutz und Generalbun­desanwalts­chaft in dem Fall. Die Verantwort­ung liege »bei der Justiz in Sachsen«. Der sächsische Bundestags­abgeordnet­e André Hahn (LINKE) forderte den Rücktritt des sächsische­n Justizmini­sters Sebastian Gemkow (CDU) und des Innenminis­ters Markus Ulbig (CDU).

In Dresden debattiert­en der Innen- und der Rechtsauss­chuss in einer Sondersitz­ung über den Fall. Die Innenpolit­iker der schwarzrot­en Koalition spielten die Vorfälle herunter. Für den CDU-Innenexper­ten Christian Hartmann konnte die Befragung von Ulbig und Gemkow »mit einer Vielzahl von Gerüchten und Anschuldig­ungen« aufräumen. Sein SPDKollege Albrecht Pallas meinte, dass »offene Fragen und vermeintli­che Pannen« von der Regierung »für den Moment plausibel erläutert« worden seien. Doch müsse man sich »intensiv mit dem Thema internatio­naler Terrorismu­s befassen.«

Es sei deutlich geworden, dass es »bei Weitem« noch nicht »die Formate« gebe, um diesbezügl­ichen Anforderun­gen gerecht zu werden, sagte der Vorsitzend­e des Rechtsauss­chusses, Klaus Bartl (LINKE). Der Innenaussc­hussvorsit­zende Mario Pecher (SPD) machte fehlende »Schnellläu­fer« bei der Polizei für den missglückt­en Festnahmev­ersuch in Chemnitz verantwort­lich. Der LINKEAbgeo­rdnete Mirko Schultze erklärte auf Twitter: »Was zu klären ist, geschah nicht in der JVA, sondern beim Einsatz zuvor.«

Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) hat sich gegen ein zentrales Bundesgefä­ngnis für Terroriste­n gewandt. Beschuldig­te und Verurteilt­e aus Verfahren des Generalbun­desanwalts befänden »seit jeher in Justizvoll­zugsanstal­ten in ganz Deutschlan­d«. Das habe sich bewährt.

Nach einer Umfrage des »Stern« können 48 Prozent der Deutschen kein Versagen der sächsische­n Justiz erkennen. 40 Prozent glauben, die Justiz hätte die Selbsttötu­ng des Verdächtig­en verhindern können.

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