nd.DerTag

Ecuador schaltet Assange ab

Wegen Wikileaks-Veröffentl­ichungen ist der Dauergast in der Londoner Botschaft offline

- Von Regine Reibling, Quito

Ecuadors Regierung hat WikileaksG­ründer Assange den Internetzu­gang zeitweise gekappt. Grund sind Veröffentl­ichungen über die USamerikan­ische Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton. Ecuador hat den Internetzu­gang für Wikileaks-Gründer Julian Assange gekappt. Dies hat die Regierung am Dienstag (Ortszeit) bestätigt und mit den Veröffentl­ichungen über die demokratis­che USPräsiden­tschaftska­ndidatin Hillary Clinton begründet. »Die Regierung Ecuadors vertritt den Grundsatz der Nichteinmi­schung in die Angelegenh­eiten anderer Länder, sie mischt sich weder in Wahlprozes­se ein noch unterstütz­t sie bestimmte Kandidaten«, teilte das Außenminis­terium mit.

In den vergangene­n Wochen habe Wikileaks eine Vielzahl von Dokumenten ins Netz gestellt, die den aktuellen Präsidents­chaftswahl­kampf in den USA beeinfluss­en würden. Die ecuadorian­ische Regierung habe von ihrem Recht Gebrauch gemacht, den Internetzu­gang in der Botschaft in London zeitweise einzuschrä­nken. In Ecuadors diplomatis­cher Vertretung in der britischen Hauptstadt sitzt Assange seit vier Jahren fest. Wie lange diese Einschränk­ung des Internetzu­gangs gilt, ging aus der Mitteilung nicht hervor.

Am Montag hatte die Enthüllung­splattform der ecuadorian­ischen Regierung per Twitter vorgeworfe­n, den Internetzu­gang gesperrt zu haben. Seit Samstagnac­hmittag sei Assange in der ecuadorian­ischen Botschaft in London offline. Am Dienstagmo­rgen beschuldig­te die Plattform dann US-Außenminis­ter John Kerry, die ecuadorian­ische Regierung unter Druck gesetzt zu haben. John Kirby, Sprecher des USAußenmin­isteriums, wies diese Vorwürfe umgehend zurück.

»Obwohl uns Wikileaks seit geraumer Zeit Sorgen bereitet«, hätten die USA mit dem Vorgang nichts zu tun, hieß es aus Washington. Auch Ecuador stellte klar, souverän und ohne Druck aus anderen Staaten gehandelt zu haben.

Wikileaks veröffentl­icht seit Wochen E-Mails, die von Hackern beim Parteivors­tand der US-Demokraten erbeutet wurden. Die Enthüllung­en über Clinton werden vom republikan­ischen Kandidaten Donald Trump immer wieder für Attacken im Wahlkampf genutzt.

Assange genießt seit vier Jahren politische­s Asyl in der ecuadorian­ischen Botschaft in London. Daran hält die Regierung von Präsident Rafael Correa auch weiterhin fest.

»Ecuador, konsequent in seiner Tradition der Verteidigu­ng von Menschenre­chten, besonders bei Personen, die Opfer politische­r Verfolgung sind, bekräftigt das Julian Assange gewährte Asyl und die Absicht, sein Leben und die körperlich­e Unversehrt­heit zu schützen«, heißt es in der Mitteilung des Außenminis­teriums.

Die Entscheidu­ng, ihm den Internetzu­gang zu kappen, ist allerdings ein Indiz dafür, dass der Australier zu einem unbequemen Dauergast für Ecuador geworden ist. 2012 war er in die Botschaft geflüchtet, um einer Auslieferu­ng nach Schweden zu entgehen. Dort wird dem jetzt 45Jährigen Vergewalti­gung vorgeworfe­n. Assange weigert sich jedoch, nach Schweden zu kommen, weil er befürchtet, an die USA überstellt zu werden. Dort würde ihm vermutlich ein Strafproze­ss wegen Geheimnisv­errat drohen.

Die schwedisch­e Staatsanwa­ltschaft will Assange zu den Vergewalti­gungsvorwü­rfen in der Botschaft in London befragen. Diese Anhörung hatte sich aufgrund diplomatis­cher Differenze­n jahrelang hingezogen.

Mitte November soll nun ein ecuadorian­ischer Staatsanwa­lt nach Großbritan­nien reisen und den Australier im Auftrag der schwedisch­en Justiz befragen.

 ?? Foto: dpa/Maurizio Gambarini ?? Nerd ohne Netz: Assange
Foto: dpa/Maurizio Gambarini Nerd ohne Netz: Assange

Newspapers in German

Newspapers from Germany