Mit »Laienschauspielern« zum Wahlsieg?
Schwere Vorwürfe aus Belgrad an die montenegrinische Regierungspartei
Serbiens Presse wirft Montenegros langjähriger Regierungspartei DPS vor, »Laienschauspieler« engagiert zu haben, die sich kurz vor der Wahl gegen Bezahlung als serbische »Terroristen« verhaften ließen. Die Wahltrickkisten auf dem Balkan gelten als mindestens genauso tief wie dessen berüchtigte Schluchten. Ob die mit Hilfe von toten oder verzogenen Wählern aufgepumpten Wahlregister, ob Stimmenkauf oder das blühende Geschäft mit temporär abgetretenen Ausweispapieren – vor allem an den Schalthebeln der Macht vermögen findige Stimmenjäger dem Wählerwillen notfalls immer ein wenig nachzuhelfen. Doch mit dem Anheuern einer gut entlohnten »Laienspielertruppe« soll Montenegros langjährige Regierungspartei DPS zur Absicherung ihrer bröckelnden Macht am Vorabend der Parlamentswahl vergangenes Wochenende nun ganz neue Wege beschritten haben. Nach Überzeugung der Belgrader Zeitung »Blic« habe Serbiens früherer Gendarmerie-Chef Bratislav Dikic für seine Verhaftung als vermeintlicher Anführer einer 20-köpfigen Terroristengruppe kräftig abkassiert haben: »Für 100 000 Euro mimte Dikic den Terroristen.«
Am Wahltag hatte Montenegros Polizei die spektakuläre Verhaftung einer paramilitärischen Einheit aus Serbien vermeldet, die angeblich terroristische Anschläge und die Entführung von Premier Milo Djukanovic geplant haben soll. Nicht nur Montenegros Opposition, sondern auch Serbiens Regierung und Medien äußerten bereits unmittelbar nach den Verhaftungen den Verdacht, dass diese Verhaftung ausgerechnet kurz vor dem Urnengang vor allem dem Ziel diene, den Oppositionsparteien Wähler abspenstig zu machen. Dass sechs der 20 verhafteten »Paramilitärs« – darunter eine Rentnerin aus Novi Sad – am Tag nach der Wahl bereits wieder frei gelassen wurden, erhöhen nur die Zweifel.
Vier skandalreiche Jahre führte der bullige Dikic die Eliteeinheit der serbischen Gendarmerie. 2013 wurde der heute 46-Jährige schließlich sei- nes Amts enthoben – und in Frühpension geschickt. Zwar führt Dikic in Serbien mittlerweile eine nationalistische, pro-russische Kleinpartei an, die ihn als Gegner von Montenegros geplantem NATO-Beitritt prädestiniert erscheinen lässt. Aber Serbiens Medien verweisen andererseits auf seine Freundschaft mit Montenegros Polizeichef Slavko Stojanovic und seine Bekanntschaft mit Beba Popovic, dem umstrittenen Berater von Montenegros Dauerpremier Djukanovic.
Die serbische Zeitung »Novisti« glaubt zwar, dass der umtriebige Dikic zum Opfer einer »Falle« der montenegrinischen Sicherheitsbehörden geworden sei. Doch trotz seines am Dienstag verkündeten Hungerstreiks ist der »Blic« mit Verweis auf anonyme Quellen in Montenegros Hauptstadt Podgorica überzeugt, dass der Frühpensionär Teil der Inszenierung seiner Verhaftung gewesen sei: »Montenegros Staatsspitze hatte den früheren General engagiert.«