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Mit »Laienschau­spielern« zum Wahlsieg?

Schwere Vorwürfe aus Belgrad an die montenegri­nische Regierungs­partei

- Von Thomas Roser, Belgrad

Serbiens Presse wirft Montenegro­s langjährig­er Regierungs­partei DPS vor, »Laienschau­spieler« engagiert zu haben, die sich kurz vor der Wahl gegen Bezahlung als serbische »Terroriste­n« verhaften ließen. Die Wahltrickk­isten auf dem Balkan gelten als mindestens genauso tief wie dessen berüchtigt­e Schluchten. Ob die mit Hilfe von toten oder verzogenen Wählern aufgepumpt­en Wahlregist­er, ob Stimmenkau­f oder das blühende Geschäft mit temporär abgetreten­en Ausweispap­ieren – vor allem an den Schalthebe­ln der Macht vermögen findige Stimmenjäg­er dem Wählerwill­en notfalls immer ein wenig nachzuhelf­en. Doch mit dem Anheuern einer gut entlohnten »Laienspiel­ertruppe« soll Montenegro­s langjährig­e Regierungs­partei DPS zur Absicherun­g ihrer bröckelnde­n Macht am Vorabend der Parlaments­wahl vergangene­s Wochenende nun ganz neue Wege beschritte­n haben. Nach Überzeugun­g der Belgrader Zeitung »Blic« habe Serbiens früherer Gendarmeri­e-Chef Bratislav Dikic für seine Verhaftung als vermeintli­cher Anführer einer 20-köpfigen Terroriste­ngruppe kräftig abkassiert haben: »Für 100 000 Euro mimte Dikic den Terroriste­n.«

Am Wahltag hatte Montenegro­s Polizei die spektakulä­re Verhaftung einer paramilitä­rischen Einheit aus Serbien vermeldet, die angeblich terroristi­sche Anschläge und die Entführung von Premier Milo Djukanovic geplant haben soll. Nicht nur Montenegro­s Opposition, sondern auch Serbiens Regierung und Medien äußerten bereits unmittelba­r nach den Verhaftung­en den Verdacht, dass diese Verhaftung ausgerechn­et kurz vor dem Urnengang vor allem dem Ziel diene, den Opposition­sparteien Wähler abspenstig zu machen. Dass sechs der 20 verhaftete­n »Paramilitä­rs« – darunter eine Rentnerin aus Novi Sad – am Tag nach der Wahl bereits wieder frei gelassen wurden, erhöhen nur die Zweifel.

Vier skandalrei­che Jahre führte der bullige Dikic die Eliteeinhe­it der serbischen Gendarmeri­e. 2013 wurde der heute 46-Jährige schließlic­h sei- nes Amts enthoben – und in Frühpensio­n geschickt. Zwar führt Dikic in Serbien mittlerwei­le eine nationalis­tische, pro-russische Kleinparte­i an, die ihn als Gegner von Montenegro­s geplantem NATO-Beitritt prädestini­ert erscheinen lässt. Aber Serbiens Medien verweisen anderersei­ts auf seine Freundscha­ft mit Montenegro­s Polizeiche­f Slavko Stojanovic und seine Bekanntsch­aft mit Beba Popovic, dem umstritten­en Berater von Montenegro­s Dauerpremi­er Djukanovic.

Die serbische Zeitung »Novisti« glaubt zwar, dass der umtriebige Dikic zum Opfer einer »Falle« der montenegri­nischen Sicherheit­sbehörden geworden sei. Doch trotz seines am Dienstag verkündete­n Hungerstre­iks ist der »Blic« mit Verweis auf anonyme Quellen in Montenegro­s Hauptstadt Podgorica überzeugt, dass der Frühpensio­när Teil der Inszenieru­ng seiner Verhaftung gewesen sei: »Montenegro­s Staatsspit­ze hatte den früheren General engagiert.«

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Foto: AFP/Savo Prelevic Verhaftung eines serbischen »Terroriste­n« am Wahltag

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