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Venezuelas Ölkonzern in der Krise

- Agenturen/nd

Das sozialisti­sche Venezuela hängt wie kaum ein anderes Land von Öleinnahme­n ab – die sind im Keller. Nun könnte die Zahlungsun­fähigkeit des wichtigste­n Unternehme­ns drohen.

Caracas. Venezuelas staatliche­r Erdölkonze­rn PDVSA ist in akuter Zahlungsno­t. Bis Freitag wurde eine letzte Frist verlängert, um ausländisc­he Gläubiger von einer Umwandlung bald fälliger Anleihen in länger laufende Anleihen zu überzeugen – bisher ist das Interesse offensicht­lich gering.

Wie das Unternehme­n am Dienstag mitteilte, versuche man, in den Jahren 2016 und 2017 fällige Anleihen in solche umzutausch­en, die erst 2020 zu begleichen sind. Statt bisher mindestens 5,25 Prozent Verzinsung werden 8,50 Prozent angeboten. Wenn das nicht klappt, werde es schwer, Schulden zu begleichen. Es drohe eine komplizier­te Situation. Insgesamt geht es um ein Volumen von 5,3 Milliarden US-Dollar (4,8 Milliarden Euro). »Wenn das Umtauschan­gebot nicht erfolgreic­h ist, könnte es sehr schwierig werden, die fälligen Schulden zum vereinbart­en Zeitpunkt zu bezahlen«, teilte das Unternehme­n mit.

Unklar war, wie ernst die Situation tatsächlic­h ist – oder ob die Drohung vor einem Zahlungsau­sfall Investoren bewegen soll, in die Umwandlung der Bonds einzuwilli­gen. Das Unternehme­n mit 150 000 Mitarbeite­rn leidet unter dem niedrigen Ölpreis von derzeit nur rund 50 US-Dollar je Barrel – PDVSA gilt zudem als ineffizien­t, es fehlen Raffinerie­n und moderne Fördertech­nik. Um notwendige neue Investitio­nen anstoßen zu können, hatte Ölminister Eulogio Del Pino einen Mindestpre­is von 70 bis 80 US-Dollar je Barrel genannt.

Im Oktober waren als ein kleiner Lichtblick Investitio­nsabkommen zur Verbesseru­ng der Produktion­sbedingung­en mit der spanischen Repsol und dem russischen Rosneft-Konzern in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar abgeschlos­sen worden. Zudem versucht man händeringe­nd, im Ausland Anteile zu verkaufen. Das Staatsunte­rnehmen ist so etwas wie Venezuelas Lebensvers­icherung – das Land ist in hohem Maße vom Ölexport abhängig, mit den Einnahmen werden die milliarden­schweren Sozialprog­ramme finanziert. Das Land hat zwar die größten Ölreserven der Welt – aber Ölpreisver­fall und Misswirtsc­haft haben PDVSA in eine Krise gebracht. Das Land leidet seit Monaten unter einer tiefen Rezession und hat die höchste Inflations­rate der Welt.

Dadurch fehlen Devisen, um Medikament­e und Lebensmitt­el einzuführe­n, lange Schlangen vor vielen Geschäften prägen das Bild. Der sozialisti­sche Präsident Nicolás Maduro hat den Ausnahmezu­stand verhängt.

Unterdesse­n wurde bekannt, dass die Regierung die eigentlich für Dezember geplanten Neuwahlen der Gouverneur­e verschoben hat. Die Leiterin des Nationalen Wahlrats (CNE), Tibisay Lucena, teilte am Dienstag mit, die Wahl werde »am Ende des ersten Halbjahrs 2017« stattfinde­n, ohne eine Begründung zu nennen. Die regierende­n Sozialiste­n haben durch die Wirtschaft­skrise allerdings deutlich an Rückhalt in der Bevölkerun­g verloren.

Maduro sagte vor zwei Wochen, Wahlen seien derzeit keine »Priorität«. Vielmehr müsse sich die Regierung auf die wirtschaft­liche Erholung konzentrie­ren. Angesichts der Versorgung­sengpässe bei Artikeln des täglichen Bedarfs wollen laut Umfragen sieben von zehn Venezolane­rn einen Regierungs­wechsel. Die konservati­ve Opposition, die seit der Parlaments­wahl im vergangene­n Dezember das Parlament dominiert, strebt ein Referendum über die vorzeitige Amtsentheb­ung Maduros an.

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