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CDU in Treptow-Köpenick zerlegt sich

Der Abgeordnet­e Michael Vogel will aus der Fraktion austreten, weshalb die nun keinen Stadtrat stellen kann

- Von Marina Mai

Sieben Abgeordnet­e braucht es, um einen Stadtrat zu stellen. Weil die Bezirks-CDU nur noch aus sechs Menschen besteht, bekommt die LINKE wohl zwei Stadträte.

Die Demontage der CDU im Bezirk Treptow-Köpenick geht weiter. Der noch amtierende Schulstadt­rat Michael Vogel hat seinen Austritt aus der ohnehin auf nur sieben Mitglieder geschrumpf­ten Fraktion angekündig­t. Er will als fraktionsl­oser Abgeordnet­er in der Bezirksver­ordnetenve­rsammlung sitzen. Damit hätte die CDU nur noch sechs Verordnete und verliert das Recht, einen Stadtrat zu nominieren. Bleibt es dabei, würde die Linksparte­i profitiere­n. Sie könnte dann zwei Stadträte im neuen Bezirksamt stellen statt nur einen. Vogel ärgert sich über seine Partei, weil sie ihn nicht erneut zum Stadtrat gewählt hat. Nominiert wurde stattdesse­n der Nachwuchsp­olitiker Maik Penn.

SPD-Fraktionsc­hef Alexander Freier sieht die Nichtnomin­ierung des Autohausin­habers Vogel als Reaktion auf eine Erklärung der anderen Parteien, ihn im Falle einer Nominierun­g nicht mitzuwähle­n. »Wir haben der CDU signalisie­rt, dass wir ihren Kandidaten für fachlich ungeeignet halten.« Vor zweieinhal­b Jahren sei er erst im vierten Wahlgang zum Stadtrat gewählt worden. Damals gab es noch eine Zählgemein­schaft von SPD und CDU. Jetzt will die SPD mit der LINKEN zusammenar­beiten. Freier wirft Vogel vor, sein Ressort nicht im Griff gehabt zu haben. »Außerdem habe ich Grund zu der Annahme, dass er das Agieren seiner Frau auf einer Bühne gemeinsam mit Rechten gut geheißen hat«, so Freier.

Gemeint ist Katrin Vogel, die Bezirksvor­sitzende der CDU, die auch dem Abgeordnet­enhaus angehört. Sie hatte an mehreren Kundgebung­en in diesem Jahr im Treptow-Köpenicker Ortsteil Altglienic­ke gegen Asylheime teilgenomm­en und sich nicht daran gestört, dass auch Rechte teilnahmen. Stimmen gebracht hat ihr das keine: Die CDU verlor in Treptow-Köpenick überdurchs­chnittlich hoch und schrumpfte zur Splitterpa­rtei. Das Direktmand­at in Altglienic­ke ging an die AfD.

Alexander Freier, SPD

Katrin Vogel hatte nach der Nichtnomin­ierung ihres Mannes angekündig­t, ihr Amt als Bezirksche­fin der CDU ruhen zu lassen.

»Mit Maik Penn als Stadtrat hätte man politisch nichts bewegen können«, sagte Michael Vogel der »Berliner Zeitung«. Und: Ja, die Konsequenz­en, dass seine Partei mit seinem Fraktionsa­ustritt keinen Stadtrat nominieren könne, seien ihm bewusst. Seine Parteimitg­liedschaft wolle er behalten. Aber »wenn die Fraktion ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen mich einleitet, trete ich freiwillig zurück«, wird Vogel dem Blatt zufolge zitiert.

Es sieht danach aus, dass sich die CDU mit Michael Vogels Schritt abgefunden hat und sich andernorts nach neuen Fraktionsm­itgliedern umsieht, um doch noch einen Stadt- ratposten zu bekommen. LINKEFrakt­ionschef Philipp Wohlfeil jedenfalls kann sich vorstellen, »dass die CDU mit Verordnete­n von FDP und AfD über einen Fraktionsü­bertritt spricht.« Denn hätte die CDU wieder sieben Fraktionsm­itglieder, dürfte sie einen Stadtrat stellen.

Und tatsächlic­h: Der FDP-Verordnete Joachim Schmidt bestätigt dem »nd«, dass er aus CDU-Kreisen gefragt wurde, ob er die Fraktion wechseln wolle. Schmidt: »Das werde ich aber aus Verantwort­ung gegenüber dem Wähler und aus Loyalität nicht tun. Ich bin immerhin FDP-Vorsitzend­er im Bezirk.« Schmidt war allerdings bis 2007 in der CDU. Er trat seinerzeit wegen Michael Vogel aus der Partei aus.

Schmidt weiter: »Wenn es juristisch möglich ist, können wir aber über eine Fraktionsg­emeinschaf­t aus CDU und FDP sprechen.« Doch er hat selbst Zweifel, ob das überhaupt geht. Der zweite FDP-Verordnete Ralf Henze, ebenfalls einst CDU-Mann, war telefonisc­h nicht erreichbar.

LINKE-Fraktionsc­hef Philipp Wohlfeil würde sich freuen, wenn seine Partei wegen des CDU-Streits einen zweiten Stadtratsp­osten bekäme. »Es war schon bitter, dass wir den zweiten Stadtratsp­osten verloren haben, obwohl wir an Wählerstim­men zulegten.« Gernot Klemm sei bereits als Stadtrat nominiert. »Auf Listenplat­z 2 ist die bisherige Lichtenber­ger Jugendstad­trätin Sandra Obermeyer angetreten. Mit ihr wäre das Bezirksamt nicht ausschließ­lich männlich besetzt«, sagt Wohlfeil. Allerdings wird Obermeyer auch als mögliche Staatssekr­etärin für die Senatsregi­erung gehandelt.

»Ich habe Grund zu der Annahme, dass Michael Vogel das Agieren seiner Frau auf einer Bühne gemeinsam mit Rechten gut hieß.«

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Foto: imago/Jürgen Schwarz Rathaus Köpenick

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