Unmut über Fusionspläne im Speckgürtel
Im Streit um die Kreisgebietsreform verteidigt der Landkreis Dahme-Spreewald den Wunsch nach Eigenständigkeit
Parteiübergreifend hat der von RotRot vorgeschlagene Neuzuschnitt der Landkreise heftige Reaktionen ausgelöst. Der Dahme-SpreewaldKreis etwa will selbstständig bleiben. Die Kriterien dafür erfüllt er. Der von Innenminister Karl-Heinz Schröter Anfang Oktober präsentierte Neuzuschnitt der Landkreise ist heftig umstritten. Die künftige Landkarte definiert die Grenzen von nur noch neun Landkreisen (bisher 14) sowie der einzig verbleibenden kreisfreien Stadt Potsdam (vier). Die in der Opposition operierende CDU will die Reform mit einer Volksinitiative stoppen. Sie will sich an diesem Donnerstag in Potsdam gründen.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von insgesamt zehn Milliarden Euro entstünde durch die vorgeschlagene Fusion der Landkreise Dahme-Spreewald (LDS) und Teltow-Fläming (TF) am südlichen Rand von Berlin aber beispielsweise eine wirtschaftlich sehr potente Verwaltungsstruktur. Deutschlandweit zählen beide Kreise schon jetzt zu den Regionen mit besonders dynamischer Entwicklung. Unter anderem mit dem Flughafen in Schönefeld (Dahme-Spreewald) und dem Flugturbinenhersteller Rolls-Royce (Teltow-Fläming) verfügen sie über außergewöhnlich starke Ressourcen.
Dennoch ist man in der Kreisverwaltung in Lübben (Dahme-Spreewald) sehr ungehalten. Und das nicht nur, weil sich Landrat Stephan Loge (SPD) vom Innenminister nicht vorbereitet sondern auch noch öffentlich vorgeführt fühlt. »Aus Sicht des Landkreises Dahme-Spreewald lassen sich keine plausiblen Gründe nennen, die eine Fusion befürworten würden«, teilte er in einer Erklärung mit. Da sein Kreis im Jahr 2030 mindestens 180 000 Einwohner aufweisen werde, erfülle er sämtliche im Leitbild zur Reform dargelegten Kriterien, um eigenständig zu bleiben. »Das Leitbild ist aber die Gesetzesgrundlage für alles, was die Regierung in Sachen Kreisgebietsreform unternimmt«, sagte er dazu dem »nd«. Den vom Innenminister vor der Presse als Begründung vorgebrachten Hinweis darauf, dass LDS dank des Flughafens hohe Steuereinnahmen verbuche, während für den westlichen Nachbarkreis TF einzig der Fluglärm bleibe, bezeichnete er als »unsolide«. Ob dies im verfassungsrechtlichen Sinne als Fusionsgrund tauge, lasse er derzeit prüfen.
Der Teltow-Fläming-Kreis, wegen hoher Schulden anders als LDS auf Schlüsselzuweisung angewiesen, hält sich da eher bedeckt. Noch im Sommer hatte Landrätin Kornelia Wehlan (LINKE) erklärt, dass ihr Kreis lieber eigenständig bleiben wolle. Vor der Presse äußerte ihre Stellvertreterin Kerstin Gurske (LINKE) nun, dass es sich beim vorgeschlagenen Modell jedenfalls um eine lukrative »Hochzeit« handeln würde, bei der man auf einen Schlag alle Schulden los wäre.
Das brachte dieser Tage sogar Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) auf den Plan. Das Lokalblatt »KaWeKurier« hatte den Königs Wusterhausener mit den Worten »Wir würden es allein schaffen!« zitiert. Ludwig habe sich in da in seiner Funktion als Mitglied des Kreistages von Dahme-Spreewald geäußert, ließ seine Sprecherin Maria Strauß wissen. Er selbst teilte mit: »Wirtschaftlich kann LDS in jedem Falle eigenständig Erfolg haben, denn als einziger Kreis kommt er schon heute ohne sogenannte Schlüsselzuweisungen des Landes aus wegen hoher eigener Steuereinnahmen der Nordkommunen. Somit kann er eine leistungsfähige Verwaltung finanzieren – darum geht es bei der Reform.« Andere Kreise würden das zukünftig nicht schaffen und bräuchten daher Partner. »Wir müssen in Brandenburg solidarisch mit dieser Situation umgehen.« Eine Fusion mit TF sei für die Bürger nichts Unvorstellbares. Aber Veränderungen seien noch möglich.