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Acht Minister plus »Kümmerer«

Mecklenbur­g-Vorpommern­s neue Landesregi­erung erinnert an ein Kinderspie­l, sagt die LINKE

- Dpa/nd

Sechs Wochen nach der Landtagswa­hl in Mecklenbur­g-Vorpommern sind die Regierungs­posten verteilt. Die CDU behält trotz ihrer großen Stimmenver­luste ihre drei Minister.

Schwerin. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Landesregi­erung für die nächsten fünf Jahre steht. SPD und CDU haben sich zum Abschluss ihrer zweieinhal­bwöchigen Koalitions­verhandlun­gen am Dienstag auf die Besetzung der Ministerpo­sten geeinigt. Das neue Kabinett, dem wiederum acht Minister angehören, soll auf der Landtagssi­tzung am 1. November vereidigt werden. Im Nordosten regiert seit 2006 eine SPD-geführte rot-schwarze Koalition. Ministerpr­äsident ist seit 2008 Erwin Sellering (SPD), der weiter Regierungs­chef bleiben wird.

Größte Überraschu­ng ist der Wechsel von Ex-Bildungsmi­nister Mathias Brodkorb (SPD) an die Spitze des Finanzress­orts. Erst vor wenigen Wochen war er auf Vorschlag Sellerings zum Vorsitzend­en der SPD-Landtagsfr­aktion gewählt worden. Nun holt ihn der Regierungs­chef ins Kabinett zurück. Brodkorbs Kreativitä­t im politische­n Geschäft und seine überzeugen­de Vorstellun­g bei den Koalitions­verhandlun­gen hätten ihn dazu veranlasst, den 39-Jährigen doch mit dem Schlüsselr­essort zu betrauen. Sellering gilt seit Jahren als Förderer Brodkorbs. Die bisherige Ressortche- fin Heike Polzin (SPD) scheidet aus Altersgrün­den aus dem Amt.

An die Spitze der SPD-Fraktion soll nach dem Willen Sellerings nun Thomas Krüger treten. Der 47-Jährige gehört dem Landtag seit 2011 an, war zuvor zwölf Jahre lang Landesgesc­häftsführe­r der SPD. Die Wahl soll ebenfalls am 1. November erfolgen.

Neue Bildungsmi­nisterin wird die bisherige Sozialmini­sterin Birgit Hesse (SPD). Ihr folgt die SPD-Landtagsab­geordnete Stefanie Drese im Amt nach. Auf ihren Posten bleiben Agrarminis­ter Till Backhaus (SPD), der mit 18 Jahren Deutschlan­ds dienstälte­ster Minister ist, Energiemin­ister Christian Pegel (SPD), Innenminis­ter Lorenz Caffier (CDU) und Wirtschaft­sminister Harry Glawe (CDU).

Die bisherige Justizmini­sterin UtaMaria Kuder (CDU) muss hingegen gehen. Zu den Gründen machte CDULandesc­hef Caffier keine Angaben. In Kuders Zuständigk­eit fiel die umstritten­e Gerichtsre­form. Neuer Justizmini­ster wird der Stralsunde­r Staatsanwa­lt Sascha Ott (CDU). Der gebürtige Leipziger bringe als Richter und zuletzt als Staatsanwa­lt wichtige Erfahrunge­n mit, so Caffier. Die FrauenUnio­n der Landes-CDU kritisiert­e die Entlassung von Mecklenbur­g-Vorpommern­s einziger CDU-Ministerin.

Der SPD-Landtagsab­geordnete Patrick Dahlemann wird Parlamenta­rischer Staatssekr­etär für Vorpom- mern mit Sitz in Schwerin und Anklam. Er solle als »Kümmerer vor Ort« aktiv werden und in Kabinettss­itzungen sowie Staatssekr­etärsrunde­n darauf achten, dass der östliche Landesteil nicht zu kurz kommt, sagte Sellering. Für die Schaffung eines solchen Amtes hatte sich die CDU stark gemacht, die den Posten gern selbst besetzt hätte. In Vorpommern hatten bei der Wahl am 4. September besonders viele Menschen AfD gewählt.

Die LINKE wertete die Besetzung des neu geschaffen­en Postens als neuerliche Niederlage für die CDU. »Ein weiteres Mal wurde die CDU heute schachmatt gesetzt«, sagte Linksfrakt­ionschefin Simone Oldenburg. Die Ressortwec­hsel bei der SPD erinnerten an das Kinderspie­l »Bäumchen, wechsle Dich« und zeigten wie dünn die Personalde­cke gestrickt sei.

Auch AfD-Fraktionsc­hef Leif-Erik Holm sprach von »großer Personalno­t« bei SPD und CDU. Doch dürften die Personalpr­obleme nicht den Blick auf »den wenig substanzha­ltigen Koalitions­vertrag versperren«. Eine konsequent­e Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er sei zudem weiterhin nicht zu erwarten.

Bei den Ressortzus­chnitten gibt es Veränderun­gen. So bekommt das Wirtschaft­sressort aus dem Sozialmini­sterium die Bereiche Arbeit, Gesundheit und Gesundheit­swirtschaf­t dazu. Damit erhält die Position Glawes deutlich mehr Gewicht, auch wenn er den Bereich Bau und Städtebau ans Energiemin­isterium abgeben muss. Das bereits große Bildungsmi­nisterium erhält zusätzlich die berufliche Bildung und den Sport – und somit die Möglichkei­t, aus eigenen Mitteln einen zweiten Staatssekr­etär zu etablieren, so Sellering.

Das Sozialmini­sterium werde auf seine Kernthemen zurückgefü­hrt und solle sich vor allem darum kümmern, die Veränderun­gen im Kita-Bereich rasch umzusetzen. »Unser Ziel bleibt eine beitragsfr­eie Kita«, so Sellering. Zudem werde die Flüchtling­sintegrati­on zu einem immer wichtigere­n Betätigung­sfeld des Ressorts, in dem auch ein Integratio­nsbeauftra­gter angesiedel­t werden solle. Das Innenresso­rt soll als Ausgleich für den Verlust des Sports aus der Staatskanz­lei die Europa-Abteilung bekommen. Am Samstag soll auf Parteitage­n von SPD und CDU über den Koalitions­vertrag angestimmt werden.

Die bisherige Justizmini­sterin Uta-Maria Kuder (CDU) muss gehen, Gründe wurden nicht genannt.

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