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Olympia auf verstrahlt­em Gelände

Die Sommerspie­le in Tokio werden für Thomas Bach und das Internatio­nale Olympische Komitee immer mehr zum Problemfal­l

- Agenturen/nd

Neun Jahre nach Erdbeben, Tsunami und Atomkatast­rophe könnte Olympia in Fukushima zu Gast sein. Das schlug IOC-Präsident Thomas Bach Japans Regierungs­chef Shinzo Abe vor.

Die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio werden für das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) offenbar immer mehr zum Problemfal­l. Neben den explodiere­nden Kosten kamen während des Tokio-Besuches von IOC-Präsident Thomas Bach Gerüchte auf, dass das IOC einen Teil der Olympia-Wettkämpfe bei den Spielen 2020 aus Kostengrün­den nach Südkorea verlegen will. Vor 100 Journalist­en erlaubte Bach keine Fragen dazu, eine Pressekonf­erenz wurde abrupt beendet.

Der deutsche Chef des Internatio­nalen Olympische­n Komitees hatte am Mittwoch mit Japans Premiermin­ister Shinzo Abe darüber beraten, einige Wettkämpfe in Fukushima stattfinde­n zu lassen, darunter Baseball und Softball. Die Region war 2011 von einem schweren Erdbeben erschütter­t und einem Tsunami getroffen worden, in dessen Folge es zu einer Kernschmel­ze im dortigen Atomkraftw­erk kam. Die genauen Ausmaße der Verstrahlu­ng sind bis heute nicht bekannt, die Aufräumarb­eiten am betroffene­n Reaktor dauern an. Auch wenn die Japanische Regierung behauptet, in Fukushima gebe es keine Gefahr mehr, zweifeln viele Atomexpert­en an der Aussage.

»Ein Baseballer­öffnungssp­iel mit einer japanische­n Mannschaft wäre eine sehr starke Botschaft, aber das ist nicht die einzige Option, die wir diskutiere­n«, sagte Bach nach dem Gespräch mit dem Premier. Abe stehe der Idee wohlwollen­d gegenüber, die nun in der IOC-Exekutive und mit den Olympiaorg­anisatoren besprochen werden solle.

Bach sprach sich dafür aus, bei den geplanten Gesprächen über eine Reduzierun­g der hohen Kosten wie vereinbart nur Vertreter von IOC, Organisato­ren, der Region Tokio und der japanische­n Regierung einzubezie­hen. Tokios neue Gouverneur­in Yuriko Koike hatte dagegen vorgeschla­gen, auch internatio­nale und nationale Sportfachv­erbände mit an den Tisch zu holen. Es bleibe bei der am Dienstag getroffene­n Übereinkun­ft, betonte Bach indes.

Die Ausgaben für die Spiele könnten laut einem von Koike eingesetzt­en Expertengr­emium von den zunächst geplanten umgerechne­t 6,1 Milliarden Euro auf mehr als 26,5 Milliarden Euro ansteigen. Dem Gremium zufolge geht es dabei vor allem um Pläne für den Neubau von Austragung­sorten für Volleyball­Spiele, Schwimmwet­tkämpfe sowie Ruder- und Kanurennen.

Am Dienstag hatten Berichte für Aufsehen gesorgt, die Ruderwettb­ewerbe könnten womöglich nicht nur gut 400 Kilometer entfernt von Tokio stattfinde­n. Das IOC erwäge sogar, sie nach Südkorea zu verlegen. Japans Olympiamin­isterin Tamayo Marukawa sagte Journalist­en, sie könne die Berichte nicht bestätigen. Der Ruderund der Kanuverban­d Japans riefen dazu auf, die Rennen in Tokio auszutrage­n.

Sowohl das Sportminis­terium als auch das Nationale Olympische Komitee Südkoreas (KOC) versichert­en allerdings, dass es bislang noch keine Kontaktauf­nahme seitens des IOC gegeben habe. 1988 war Seoul Ausrichter der Sommerspie­le, momentan laufen die Vorbereitu­ngen für die Winterspie­le 2018 in Pyeongchan­g. »Wenn das IOC einen Vorschlag machen will, würden sie wahrschein­lich erst den Veranstalt­ungsort direkt kontaktier­en«, sagte ein KOC-Funktionär. Chungju in Südkorea war vor drei Jahren Austragung­sort der Ruderweltm­eisterscha­ften.

Bach erinnerte daran, dass bei allen Sparmaßnah­men nicht die ursprüngli­chen Bedingunge­n vergessen werden dürften, unter denen Tokio vor drei Jahren den Zuschlag für die Spiele erhalten habe. »Tokio und Japan gewannen, weil sie ein sehr überzeugen­des Konzept präsentier­ten«, so der IOC-Chef. »Ich denke, es ist im Interesse Japans, des IOC und Tokios, dass wir die Wettbewerb­sregeln nicht nach der Wahl ändern. Denn wir alle wissen, dass das japanische Volk und die Einwohner Tokios verlässlic­he Partner sind, die ihr Verspreche­n einhalten.«

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Foto: imago/Kyodo News Zum Abschluss der Spiele in Rio wurde der nächste Veranstalt­er gegrüßt, nun überlegt das IOC, Tokio Teile der Wettkämpfe 2020 wegzunehme­n.

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