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Gabriels Pointe

- Wolfgang Hübner über das Taktieren in der Präsidente­nfrage

Dieses war der zweite Streich: Nach der Theologin Margot Käßmann hat der SPD-Vorsitzend­e Sigmar Gabriel jetzt seinen Parteifreu­nd Frank-Walter Steinmeier als Präsidents­chaftskand­idaten ins Gespräch gebracht. Dreieinhal­b Monate, bevor über die Nachfolge von Joachim Gauck abgestimmt werden muss, tut Gabriel das, was er am besten kann: immer mal nach vorne preschen und sehen, was daraus wird.

Ganz abgesehen von der Eignung Steinmeier­s, über die man angesichts seiner Vorgeschic­hte als Gefolgsman­n von Kanzler Schröder und als Außenminis­ter streiten kann: Gabriels Vorstoß ist ein Affront in zwei Richtungen. In Richtung des Koalitions­partners CDU/CSU, der beim Thema Bundespräs­ident nicht aus dem Knick kommt und den Gabriel nun in die Defensive drängt. Vor allem aber in Richtung Rot-Rot-Grün. Letzte Woche hat Gabriel ein Treffen von zahlreiche­n Abgeordnet­en aus SPD, Grünen und Linksparte­i über eine Mitte-Links-Perspektiv­e mit einem kameraträc­htigen Kurzbesuch überrascht; nun aber zeigt er den potenziell­en Partnern, was er von einer seriösen Debatte auf Augenhöhe hält. Lustigerwe­ise haben führende Sozialdemo­kraten erst neulich in besorgtem Ton verlangt, die Präsidente­nfrage nicht der Parteitakt­ik unterzuord­nen. Da passt die Steinmeier­Pointe wie die Faust aufs Auge.

Immerhin hält Gabriel so seine Paarundzwa­nzig-Prozent-Partei im Gespräch. Und bis zur Wahl im Februar ist ja noch Zeit. Gut möglich, dass wir demnächst sagen können: Dieses war der dritte Streich, doch der vierte folgt sogleich.

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