Aus Fischern werden Schlepper
Zuckerbrot und Peitsche: Mit diesem Uraltkonzept sollen die afrikanischen Staaten flüchtlingspolitisch gefügig gemacht werden. Die EU-Gipfel-Erklärung lässt daran keinen Zweifel: »Der Rahmen stellt darauf ab, konkrete und messbare Ergebnisse bei der Verhinderung von illegaler Migration und bei der Rückführung von irregulären Migranten zu erzielen und unter Einsatz aller einschlägigen – auch entwicklungs- und handelspolitischen – Maßnahmen, Instrumente und Möglichkeiten der EU die erforderliche Hebelwirkung zu erzeugen und zu nutzen.« Im Klartext: Wer sich gegen Rückführung stellt, bekommt Entwicklungsgelder oder Handelspräferenzen gestrichen – letzteres eine aus Handelsverhandlungen bekannte Praxis der EU.
Bei denjenigen Vertretern, die in der Streichung von Entwicklungshilfe generell den besten Hebel sehen, Entwicklung zu fördern, stößt diese Gangart auf Zustimmung. Dazu gehören jene vom »Bonner Aufruf« für eine andere Entwicklungspolitik, die seit 2008 offen dafür plädieren, den Entzug von Entwicklungshilfe als politisches Instrument nutzen. Ihr Grundargument ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen: Die afrikanischen Eliten würden die Hilfsgelder zur Dekadenz, nicht aber zur Landesentwicklung benutzen. Doch diese Erklärung greift definitiv viel zu kurz. Das Versagen vieler afrikanischer Politiker ist nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Handelspolitik der EU und der Industriestaaten, die Afrika als Rohstofflieferanten festschreiben und zarte Ansätze der Industrialisierung konterkarieren. Perspektivlose Fischer in Westafrika wurden Schlepper. Das ist nur ein Fakt, über den die EU und die Bonner geflissentlich schweigen.