nd.DerTag

Ein Tiger, kein Bettvorleg­er

Die erste Berlin Science Week hofft, internatio­nale Spitzenfor­scher in die Stadt zu locken

- Von Ellen Wesemüller

Am 1. November beginnt die erste Wissenscha­ftswoche der Stadt, initiiert von einer gemeinnütz­igen Stiftung. Der Senat zahlt 100 000 Euro dazu, doch fast die Hälfte der Vorträge ist nicht öffentlich. »Berlin lebt von der Kultur und der Wissenscha­ft«, sagt der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD). Auf der Pressekonf­erenz zur ersten Berlin Science Week am Montag im Roten Rathaus macht er den Eindruck, als habe er auf seiner Reise nach Kolumbien und Ecuador nicht nur einen Teint bekommen, sondern auch einen Eindruck über das Bild der Hauptstadt in der Welt: »Wir werden internatio­nal als Wissenscha­fts- und Forschungs­standort wahrgenomm­en.« Die Frage sei, wie man noch mehr tun könne. Eine Antwort: die erste Berlin Science Week, die am 1. November startet und die der Senat mit jeweils 50 000 Euro in diesem und dem kommenden Jahr fördert.

Die Idee einer Wissenscha­ftswoche hatte der Physiker Jürgen Mlynek, Professor der Humboldt-Universitä­t (HU) und Kuratorium­svorsitzen­der der Falling Walls Foundation, einer Stiftung, die seit 2009 Wissenscha­ftskonfere­nzen in der Stadt organisier­t. Mlynek räumt gleich zu Beginn ein: »Es ist nicht so, dass hier keine wissenscha­ftlichen Veranstalt­ungen stattfinde­n.« Das Problem sei jedoch, dass viele internatio­nale Spitzenfor­scher nicht für ein, zwei Tage in die Stadt kämen. Die Frage sei: »Wie bekommen wir Leute aus San Francisco, Tokio und Sydney hierher?«

Er fragte bei renommiert­en Wissenscha­ftlern im Ausland an, nach dem Motto: »Erst einmal als Tiger starten, man kann immer noch als Bettvorleg­er landen.« Um das Programm zu »verdichten«, hätten die Organisato­ren zudem Einrichtun­gen angesproch­en, die sowieso regelmäßig zu wissenscha­ftlichen Konferenze­n in die Hauptstadt laden. Sie überzeugte­n diese, ihre Veranstalt­ungen in den November zu legen. Die »Falling Walls« Konferenz ging mit gutem Beispiel voran, die »Berliner Wissenscha­ftsgespräc­he« der Robert Bosch Stiftung folgten und auch der »Berliner Wissenscha­ftspreis des Regierende­n Bürgermeis­ters« wird nun am 7. November verliehen. Müller sagt, er hoffe, dass der Preis so »medial besser aufgegriff­en werde.«

Das ambitionie­rte Programm sieht zur Zeit 37 Veranstalt­ungen in zehn Tagen vor – »fast täglich kommen neue Anfragen«, sagt Mlynek. Aus Berlin nehmen die HU und die Technische Universitä­t teil, die Charité sowie die private Hochschule European School of Management and Technology (ESMT). Als Forschungs­einrichtun­g ist das Berliner Institut für Gesundheit­sforschung dabei, das an die Charité angegliede­rt ist. Auch das Naturkunde­museum macht mit.

Thomas Elsässer, Professor für experiment­elle Physik an der HU, sagt: »Die breite Öffentlich­keit will über neue technologi­sche Entwicklun­gen informiert werden.« Daher biete die HU einen Vortrag zur Quantentec­hnologie an, das von der Europäisch­en Kommission in einem Flagship-Programm mit einer Milliarde Euro gefördert wird, den Vorsitz hat Mlynek inne.

Das Bild mit dem Tiger muss Ingrid Wünning Tschol von der Robert Bosch Stiftung am Ende gerade rücken: »Wenn die südafrikan­ische Wissenscha­ftsministe­rin Naledi Pandor anruft und fragt, ob sie noch kommen kann, dann sind wir jetzt schon kein Bettvorleg­er.« Dies beweise die Attraktivi­tät der Woche. Auch für Berliner? Sprecherin Lucie Menz sagt: »Mehr als die Hälfte sind offene Veranstalt­ungen.« Was wiederum heißt: Fast die Hälfte ist es nicht.

 ?? Foto: dpa/Kay Nietfeld ?? Auch die Lebenswiss­enschaften der HU gestalten die Science Week, hier ihr 36,3 Millionen Euro teurer Neubau.
Foto: dpa/Kay Nietfeld Auch die Lebenswiss­enschaften der HU gestalten die Science Week, hier ihr 36,3 Millionen Euro teurer Neubau.

Newspapers in German

Newspapers from Germany