nd.DerTag

Das aufregende Potenzial

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Irgendwie staune ich noch immer. Dabei begann der BolognaPro­zess bereits 1999, im gleichen Jahr wie mein Studium. Zwar protestier­te ich gegen diese Reform, Synonym für die Organisati­on von Wissenscha­ft unter wirtschaft­lichen Gesichtspu­nkten, die in Konkurrenz, Rankings und Drittmitte­ln ihren Ausdruck fand. Doch irgendwie baute ich auch darauf, dass das alles schon noch als großer Unfug enttarnt werden würde. Ich bin dann tatsächlic­h vorher durchgerut­scht, noch ganz ohne Noten. Keine! einzige! Note! Bis zum Abschluss 2005, dem Jahr, in dem die Exzellenzi­nitiative beschlosse­n wurde.

Als ich studierte, galten Berliner Unis als aufregend, der Stadt wegen, oder als links, der Geschichte wegen, aber bestimmt nicht als Spitzenwis­senschafts­oder gar Wirtschaft­sstandort. Das ist nun anders. Und obwohl ich das weiß, kann ich mich nicht uneingesch­ränkt freuen, denn gleichzeit­ig stelle ich mir vor, wie all das aufregende Potenzial beiseite gedrängt wird, das gute Wissenscha­ft in sich trägt, auch wenn es sich nicht zu Geld machen lässt: All das Widersprüc­hliche und schwer Verständli­che, das die Verhältnis­se Zerlegende.

Ärgerlich finde ich, wenn öffentlich gefördert wird, was nicht öffentlich ist: so rund die Hälfte der Veranstalt­ungen der Berlin Science Week. Doch natürlich ist dies nur ein – sagen wir mal – Spitzenaus­druck dessen, dass Wissenscha­ft hierzuland­e eh eine geschlosse­ne Veranstalt­ung ist. Dazu würde ich auch gerne mal eine Woche gestalten, wenn sich der Regierende mal mit mir treffen möchte. Ich habe da auch einige Ideen, 50 000 Euro sind zwar etwas wenig, aber ich nehme, was ich kriegen kann.

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Foto: nd/Ulli Winkler Ellen Wesemüller hat auch eine Idee für eine Wissenscha­ftswoche

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