Ein Wunder der Normalität
Ministerpräsident Woidke schließt Partnerschaftsabkommen mit polnischer Woiwodschaft
Der bekannteste deutsch-polnische Grenzübergang, die Stadtbrücke in Frankfurt (Oder), wurde für Autos gesperrt. Das Bauwerk braucht Zuwendung, um die Nachbarn dauerhaft miteinander zu verbinden. Brandenburg unterhält mit seinen polnischen Nachbarn ein sehr gutes Verhältnis. In den seit der Wiederherstellung der deutschen Einheit 1990 vergangenen Jahren ist es gereift und beide Seiten haben ein stabiles Grundvertrauen zueinander aufgebaut. Am Montag ist Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach Wrocław (Breslau) gereist, um der weiteren Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen des Landes zu seinen polnischen Partnerwoiwodschaften neue Impulse zu verleihen. Dietmar Woidke und Marschall Cezary Przybylski unterzeichnen dabei eine Gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit zwischen dem Land Brandenburg und der Woiwodschaft Dolnośląskie (Niederschlesien).
»Regionale Zusammenarbeit ist und bleibt ein stabiles Fundament der deutsch-polnischen Zusammenarbeit«, sagte Ministerpräsident Woidke nach der Unterzeichnung. Damit erhalte die bereits gewachsene Partnerschaft mit Niederschlesien ein stabiles Fundament.
Noch vor der Abreise hatte er in Potsdam betont: »Wir arbeiten mit Niederschlesien bereits seit vielen Jahren zusammen. Dass wir dies gerade im Jubiläumsjahr des deutschpolnischen Nachbarschaftsvertrags in einer Absichtserklärung festhalten können, ist besonders erfreulich.« Brandenburg wolle auch die Wirtschaftskontakte mit dem aufstrebenden Niederschlesien, das auch an Sachsen und Tschechien grenzt, ausbauen. Dazu wird Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) im Juni 2017 zu Gesprächen mit niederschlesischen Unternehmen reisen.
Künftig wollen die beiden Regionen in den Bereichen Verkehr, Wirtschafts- und Energiepolitik, Arbeitsmarkt, Bildung, Sport, Kultur, Soziales und Gesundheit verstärkt kooperieren. Das hatte im Vorfeld des Woidke-Besuches auch bereits Europaminister Stefan Ludwig (LINKE) als eines der wesentlichen Anliegen der Visite bezeichnet.
Das Land Brandenburg hat verbindet eine fast 280 Kilometer lange Grenze mit Polen (insgesamt ist die deutsch-polnische Grenze rund 460 Kilometer lang), 265 Kilometer davon verläuft sie entlang der Oder und der Neiße. Die Landesregierung hat zwischen 1995 und 2003 mit bisher fünf Woiwodschaften »Gemeinsame Erklärungen« als formale Basis der jeweiligen Zusammenarbeit unterzeichnet – das sind die Woiwodschaften Lubuskie (Lebuser Land), Zachodniopomorskie (Westpommern), Podlaskie (Podlachien), Mazowieckie (Masowien) und Wielkopolskie (Großpolen).
Ein »Wunder der Normalität« seien die deutsch-polnischen Beziehungen, hatte Woidke, der zugleich Polen-Koordinator der Bundesregierung ist, am Vormittag die deutschpolnischen Beziehungen am WillyBrandt-Zentrum in Wrocław gewürdigt. »Das deutsch-polnische Verhältnis ist vertrauensvoll und freundschaftlich und so gut wie wohl nie zuvor«, erklärte er in Rede anlässlich des 25-jährigen Bestehens des deutschpolnischen Nachbarschaftsvertrags. »Was vor 25 Jahren bestenfalls als hoffnungsvoller Schimmer am Hori- zont erschien, ist Realität geworden.«
Der Ministerpräsident verwies auf die Zusammenarbeit beider Länder in der Wissenschaft, bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und im ganz normalen Alltag. »In vielen Orten der Grenzregion leben deutsche und polnische Bürger längst bestens zusammen«, erklärte er. »Junge Eltern schicken ihre Kinder in grenznahe zweisprachige Kindergärten. Polnische Lehrerinnen und Lehrer unterrichten an deutschen Schulen.« Neben dem Ausbau der Verkehrswege zwischen beiden Ländern forderte Woidke eine Aufstockung der Mittel für das deutsch-polnische Jugendwerk.
In der vergangenen Woche hatte Staatskanzleichef Thomas Kralinski auf dem Lebuser Wirtschaftsforum im polnischen Zielona Góra auf das Entwicklungspotenzial der deutsch-polnischen Zusammenarbeit hingewiesen. Dort hatten die Arbeitgeberverbände von Lubuskie und Berlin-Brandenburg die Verbesserung der grenznahen Zusammenarbeit von Unternehmen in den Bereichen Fachkräftesicherung und Berufliche Bildung vereinbart.