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Grüne AKW-Wiese

Das Kraftwerk Grafenrhei­nfeld wird abgebaut. Was wird aus dem Müll?

- Von Friederike Meier

Wo jetzt das abgeschalt­ete AKW Grafenrhei­nfeld steht, solle wieder eine »grüne Wiese entstehen«, hat Bayerns Umweltmini­sterin Ulrike Scharf versichert. Dass das klappen wird, bezweifeln viele Kritiker. »Wir erhoffen uns nicht viel«, sagt Edo Günther. Der Vorsitzend­e der Kreisgrupp­e Schweinfur­t des Bund Naturschut­z (BN) hat mit vielen anderen beim öffentlich­en Erörterung­stermin zum Rückbau des Atomkraftw­erks Grafenrhei­nfeld seine Kritik erläutert. Die offizielle Veranstalt­ung begann am Dienstag und wird wegen der vielen Einwände vermutlich noch bis Mittwochab­end dauern.

Was bei dem Termin dann geschah, hatte auch nichts mit Hoffnung nichts zu tun. Ein Vertreter von PreussenEl­ektra – unter diesem Namen bündelt E.on seit dem Sommer sein deutsches Atomgeschä­ft – wollte nicht mal ausschließ­en, dass das abgeschalt­ete AKW wieder hochgefahr­en wird, falls die Konzerne mit der Verfassung­sbeschwerd­e gegen den Atomaussti­eg Erfolg haben sollten.

Insgesamt waren in der Öffentlich­keitsbetei­ligung des Genehmigun­gsverfahre­ns rund 300 Einwendung­en eingereich­t worden. Sogar der Kreistag des unterfränk­ischen Landkreise­s Schweinfur­t, in dem das Atomkraftw­erk steht, hält den Rückbauant­rag des Betreiberk­onzerns für »nicht genehmigun­gsfähig«.

Die Kritiker stören sich dabei vor allem daran, dass E.on das AKW, das im Sommer 2015 im Rahmen des Atomaussti­egs vom Netz gegangen war, im »direkten Rückbau« abbauen will. Dabei werden die Bauteile vor Ort zerlegt und möglichst gereinigt. Der Druckwasse­rreaktor, der einmal eine Bruttoleis­tung von 1345 Megawatt lieferte, soll E.on zufolge bis zum Jahr 2027 abgerissen sein – dann soll die Anlage »aus dem Atomrecht entlassen« werden. Der Rückbau soll im Jahr 2018 beginnen.

Der BN kritisiert, E.on habe sich ohne Begründung auf diese Methode des Rückbaus festgelegt: »Es findet keine Alternativ­enprüfung statt«, sagt Günther. Die wären etwa der »sichere Einschluss«, bei dem das gesamte Kraftwerk von der Umwelt abgeschott­et wird, oder eine Kombinatio­n aus beiden Methoden.

»Wir kritisiere­n, dass es nur um den Rückbau geht, die Zusammenhä­nge zur Lagerung des Atommülls wurden nicht beachtet«, so Günther weiter. Darum geht es auch dem Landkreis Schweinfur­t. Neben dem Atomkraftw­erk gibt es am Standort Grafenrhei­nfeld seit 2006 ein Brenneleme­ntelager (BELLA). Hier werden ausgebrann­te Brenneleme­nte zwischenge­lagert. Die Genehmigun­g dafür reicht bis 2046 – also viel länger, als das Kraftwerk nach den aktuellen Plänen noch stehen soll. Nach Ansicht des Kreistages ist aber das Reaktorgeb­äude, das 2027 folglich abgerissen sein soll, notwendig, um beschä- digte Castorbehä­lter aus dem Zwischenla­ger zu reparieren. Da mit Sicherheit davon auszugehen sei, dass bis dahin kein Endlager gefunden ist, sei der Rückbau des Reaktorgeb­äudes nicht zu verantwort­en.

E.on sieht darin kein Problem und verweist auf die vorhandene Genehmigun­g für das Zwischenla­ger: »Bei der Errichtung des Standort-Zwi- schenlager­s BELLA ist bereits berücksich­tigt worden, dass das Kraftwerk nicht mehr bis zur Auslagerun­g der Lagerbehäl­ter am Standort verfügbar ist«, erklärt eine Sprecherin. Daher sei ein Reparaturk­onzept favorisier­t worden, das auch ohne das benachbart­e Kraftwerk auskommt.

Nach Angaben des Bund Naturschut­z soll ein Großteil des radioak- tiven Mülls im Zwischenla­ger verbleiben; wegen der ungelösten Endlagerfr­age würden die Abfälle hier länger als bis 2046 liegen. Das sehen die Umweltschü­tzer kritisch: BELLA sei nicht genug gegen Einwirkung­en Dritter – etwa Flugzeugab­stürze oder Terroratta­cken – geschützt.

Darüber, ob die Einwendung­en beachtet werden, entscheide­t das baye- rische Umweltmini­sterium. Günther kritisiert, dass die aktuelle Erörterung die letzte Chance ist, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen: »Es gibt nur ein einziges Mal eine Öffentlich­keitsbetei­ligung, obwohl die Maßnahmen bis Ende der 2020er-Jahre dauern werden.« Man werde deshalb prüfen, ob man gegen Punkte des Feststellu­ngsbeschei­ds klagen könne.

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Foto: dpa/Daniel Karmann AKW Grafenrhei­nfeld steht vor wahrschein­lich vor dem Rückbau.

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