nd.DerTag

Griechisch­e Schamgrenz­en

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Guido Speckmann über Tsipras’ Pläne, die Regierung umzubilden

»Wir schämten uns dafür, aber nach einigen Malen haben wir die Sache immer wieder gemacht, ohne eine Spur von Scham zu verspüren.« So kommentier­te ein ehemaliger Minister der griechisch­en sozialdemo­kratischen PASOK-Partei die Umsetzung des Troika-Diktats. Was folgte, war der Niedergang. Von SYRIZA-Ministern ist zumindest bekannt, dass sie Schamgrenz­en haben. Einige von ihnen wollen die von EU, IWF und EuroGruppe auferlegte­n neoliberal­en Reformen nicht mittragen. Das könnte sie ihr Amt kosten. Denn Ministerpr­äsident Tsipras will sie offenbar austausche­n, um den »Institutio­nen« Reformwill­igkeit zu demonstrie­ren.

Im Sinne des Machtwille­ns ist dies nachvollzi­ehbar. Aber allein das hat mit linker Politik wenig zu tun. SYRIZA unterschei­det sich in fast nichts mehr von den Parteien des »alten Regimes«, die sie immer kritisiert hat. In Umfragen ist die Tsipras-Partei abgestürzt, 90 Prozent der Griechen sind enttäuscht von ihrer Regierungs­arbeit. Und jetzt steht auch noch das Rentensyst­em vor dem Absturz, während diesem ironischer­weise von den Institutio­nen fast zeitgleich gute Reformfort­schritte attestiert werden. Natürlich: Tsipras und seine Genossen haben sich wacker geschlagen gegen die Übermacht aus dem austerität­sversessen­en Deutsch-Europa. Umso tragischer ist ihre jetzige Politik. Es droht das Schicksal der PASOK.

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