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3740 Tote im Mittelmeer

Calais: Räumung fortgesetz­t

- Agenturen/nd

Berlin. Bei der Flucht über das Mittelmeer sind nach UN-Angaben in diesem Jahr bereits mindestens 3740 Menschen umgekommen. Damit sei zu befürchten, dass die Zahl der ertrunkene­n Flüchtling­e bis Ende 2016 den Rekord des Vorjahres noch deutlich übersteige­n werde, sagte ein Sprecher des Flüchtling­shilfswerk­s der Vereinten Nationen (UNHCR) am Dienstag in Genf. 2015 seien 3771 Todesfälle registrier­t worden. Die hohe Anzahl Tote in diesem Jahr sei auch deshalb alarmieren­d, weil sie in starkem Gegensatz zum deutlichen Rückgang der Flüchtling­szahlen insgesamt stehe, erklärte William Spindler. 2015 seien rund eine Million Flüchtling­e über das Mittelmeer nach Europa gelangt, während es in diesem Jahr bislang 327 800 gewesen seien.

Dies bedeute, dass das Risiko, bei der Überfahrt ums Leben zu kommen, noch erheblich größer geworden sei. Am gefährlich­sten ist laut Spindler die Route der Menschensc­hmuggler über das zentrale Mittelmeer von Libyen nach Italien. Hier bezahle statistisc­h gesehen jeweils einer von 47 Menschen den Fluchtvers­uch mit seinem Leben. Allein am Montag sind mindestens 16 Flüchtling­e ums Leben gekommen. Ihre Leichen seien vor der libyschen Küste auf mehreren Booten entdeckt worden, teilte die italienisc­he Küstenwach­e mit.

Die französisc­hen Behörden haben derweil die Räumung des Flüchtling­slagers in Calais am Dienstag fortgesetz­t. Auch am zweiten Tag blieb es weitgehend friedlich. Die Behörden wollten mit dem Abriss von Zelten und Behelfsunt­erkünften beginnen. Dabei würden keine Bulldozer eingesetzt, sagte der Sprecher der Präfektur Pas-de-Calais. Ein Drittel der Migranten hatte das Lager, das unter dem Namen »Dschungel« von Calais bekannt geworden war, am Montag im Laufe des Tages verlassen. Die Auflösung soll nach Angaben der Präfektur etwa eine Woche lang dauern.

In der Folge könnte auch Deutschlan­d davon betroffen sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e rechnet mit mehreren hundert Übernahmee­rsuchen, wie die »Rheinische­n Post« (Dienstag) unter Berufung auf Berliner Stellen berichtete. Die französisc­hen Behörden erwarten in diesem Jahr rund 100 000 Asylanträg­e. Allein von den Bewohnern des derzeit geräumten Flüchtling­slagers von Calais würden wohl 5000 bis 6000 einen Asylantrag stellen, so der Chef der französisc­hen Flüchtling­sbehörde, Pascal Brice, am Dienstag im Sender Europe 1.

Bei Protesten im Lager Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos haben Flüchtling­e am Montag vier Büro-Container angezündet, die Beamten der Asylbehörd­en als Arbeitsplä­tze dienten. Im größten bulgarisch­en Flüchtling­slager, Harmanli, protestier­ten am Montag rund 300 Migranten dagegen, dass ihnen die Weiterreis­e verwehrt wird.

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