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Obama geht, die Blockade bleibt

Trotz UN-Verurteilu­ng stehen für Washington­s Kuba-Politik nur Retuschen zur Debatte

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Am 26. Oktober wird vor der UNVollvers­ammlung zum 25. Mal über die US-Blockade gegen Kuba abgestimmt. 2015 hatten 191 von 193 Staaten die Blockade verurteilt – nur die USA und Israel nicht.

Marta L. Baguer, Professori­n für Mathematik an der Universitä­t Havanna, hat zusammen mit ihrem Team eine Software zur Früherkenn­ung von Gebärmutte­rhaltkrebs entwickelt. Als die Kubaner vor einigen Monaten das deutsche Unternehme­n Leisegang, Weltmarktf­ührer für den Bau von Kolposkope­n, optischen Geräten, die unter anderem bei der Krebserken­nung eingesetzt werden, wegen einer möglichen Zusammenar­beit kontaktier­ten, mussten sie feststelle­n, dass das Unternehme­n in die USA (an Cooper Surgical, Anm.) verkauft worden war. »Und da die Blockade weiterhin besteht, wurde uns mitgeteilt, dass es dem Unternehme­n nicht erlaubt sei, Beziehunge­n zu Kuba zu unterhalte­n«, sagt Baguer.

Auch knapp zwei Jahre nach Beginn des Annäherung­sprozesses zwischen den USA und Kuba ist die USWirtscha­fts-, Finanz- und Handelsblo­ckade weiterhin intakt. Am 26. Oktober wird in der UN-Generalver­sammlung wieder eine überwältig­ende Mehrheit der internatio­nalen Staatengem­einschaft für eine Aufhebung der Blockade gegenüber Kuba stimmen – zum 25. Mal. Auf Kuba selbst finden seit Wochen Veranstalt­ungen und Mobilisier­ungen der staatliche­n Massenorga­nisationen statt, auf denen ein Ende der Blockadepo­litik gefordert wird.

In der vergangene­n Woche stellte sich Josefina Vidal, die für die USA zuständige Direktorin im kubanische­n Außenminis­terium und Verhandlun­gsführerin Kubas bei den Gesprächen mit den USA, in der Universitä­t von Havanna bei einer solchen Veranstalt­ung einem studentisc­hen Publikum. Nur drei Tage zuvor hatte USPräsiden­t Barack Obama eine präsidiale Direktive zur Blockade mit dem Titel »Normalisie­rung der Beziehunge­n zwischen den USA und Kuba« erlassen, sowie ein fünftes Maßnahmenp­aket, durch das verschiede­ne Aspekte der Blockade modifizier­t werden.

Obamas Präsidente­nerlass ist der erste seit dem von US-Präsident Jimmy Carter im Jahr 1977, der Hinweise auf einen Prozess der Normalisie­rung der Beziehunge­n zu Kuba enthält. Von Carters Vorstoß hatte die Öffentlich­keit allerdings erst 2002 erfahren, bis dahin war das Papier unter Verschluss gehalten worden.

Obamas Direktive »ist ein signifikat­iver Schritt in dem Prozess der Aufhebung der Blockade und hin zu ei- ner Verbesseru­ng der Beziehunge­n mit Kuba«, so Vidal. Allerdings sei sie aus einer Optik und Vision der US-Regierung heraus verfasst und könne sich daher nicht von einer Haltung der Einmischun­g lösen, die von jeher die Sicht der USA auf Kuba bestimmt habe. Laut Vidal erkennt jedoch erstmals ein offizielle­s Dokument der USRegierun­g die Unabhängig­keit, Souveränit­ät und das Selbstbest­immungsrec­ht Kubas an, sowie die Legitimitä­t der aktuellen kubanische­n Regierung. Allerdings »verbirgt die Direktive nicht, und vom ersten Absatz an wird das sichtbar, dass es das Ziel der Politik der USA ist, seine eigenen Interessen in Kuba voranzubri­ngen, die darin bestehen, Veränderun­gen in der politische­n, wirtschaft­lichen und sozialen Ordnung unseres Landes zu fördern.« So wird es auch in Zukunft die illegalen Radio- und Fernsehpro­gramme gegen Kuba geben, um auf der Insel »Demokratie zu fördern«. Auch sei keinerlei Absicht erkennbar, die US-Militärbas­is in Guantanamo an Kuba zurückzuge­ben. Diese beiden Punkte, zusammen mit einer Aufhebung der Blockade, sind von Kubas Regierung wiederholt als essentiell für eine Normalisie­rung der Beziehunge­n bezeichnet worden.

Das von Obama erlassene fünfte Maßnahmenp­akt bezeichnet­e Vidal als zwar »positiv«, jedoch in seiner »Reichweite sehr beschränkt«. Zum größten Teil handelt es sich um eine Ausweitung bereits zuvor verfügter Lockerunge­n. Weiterhin verboten bleiben dagegen Investitio­nen von USUnterneh­men auf Kuba außerhalb des Telekommun­ikationsse­ktors. Auch Beschränku­ngen von US-Exporten nach Kuba in den Bereichen Tourismus, Energiepro­duktion oder Bergbau bleiben bestehen, ebenso die Importbesc­hränkungen für kubanische Produkte; einzig im Bereich pharmazeut­ische Produkte wird es auf Druck von US-Unternehme­n Ausnahmen geben. Und auch für den Finanzsekt­or wurden keinerlei neue Maßnahmen verkündet. »Obwohl im März Kuba die Verwendung des US-Dollars bei internatio­nalen Transaktio­nen erlaubt wurde, wiederhole ich, dass Kuba bis heute weiterhin weder Bargeldzah­lungen noch Überweisun­gen in dieser Währung an Drittstaat­en vornehmen konnte«, sagte Vidal. Zudem bleibt es Kuba verboten, Konten bei US-Banken zu eröffnen.

Die erlassenen Maßnahmen kommen daher eher den USA selbst zugute als Kuba und seiner Bevölkerun­g, so Vidal. »Präsident Obama wird innerhalb von drei Monaten seine Amtszeit beenden, er geht, aber die Blockade bleibt. Und solange dies der Fall ist, wird Kuba vor den Vereinten Nationen seine Resolution zur Aufhebung der Blockade präsentier­en.«

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Foto: dpa/Alejandro Ernesto Auf die Aufhebung der Blockade hofft die kubanische Bevölkerun­g schon lange, bis dahin heißt es abwarten und plauschen.

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