nd.DerTag

Gewinn statt Stadtrendi­te

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Gesund seien die Landesbetr­iebe, verkündete Finanzsena­tor Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) am Dienstag. Bei den Wohnungsun­ternehmen und Wasserbetr­ieben sprudeln die Überschüss­e. Selbst die einst als »Bad Bank« der ehemaligen Bankgesell­schaft Berlin gegründete berlinovo, in der die skandalträ­chtigen Immobilien-fondsaktiv­itäten zusammenge­fasst wurden, erwirtscha­ftete fast 75 Millionen Euro Gewinn. Viele der Profite zahlen indes die Hauptstädt­er mit Mieten und Wasserprei­sen. Vor allem ärmere Haushalte müssen also überpropor­tional für das Gedeihen der Kommunalwi­rtschaft blechen.

Das sollte doch eigentlich genau umgekehrt sein. Wer mehr verdient, sollte auch mehr für die Gemeinscha­ft beitragen. Selbst das durch diverse Reformen und Schlupflöc­her stark deformiert­e Steuerrech­t ist prinzipiel­l von diesem Gedanken getragen. Doch Einkommen- oder Erbschafts­steuer sind Bundesange­legenheit. Bei den Mehrheiten im Bundestag war dieser Zustand lange betoniert. Ob sich künftig etwas daran ändern wird, ist zumindest fraglich. Wie viele andere Städte und Länder entschied sich auch Berlin für die schlechte Notlösung, das fehlende Steuergeld durch höhere Einnahmen in der Daseinsvor­sorge zu kompensier­en.

Die zweite, häufig unschöne Stellschra­ube beim Gewinn ist die Kostensenk­ung. Einerseits durch unterlasse­ne Investitio­nen und anderersei­ts durch teils drastische Einkommens­einbußen für die Beschäftig­ten. Stolz war der Finanzsena­tor auf die Überschüss­e bei Vivantes und dem Unikliniku­m Charité. Bundesweit gelinge so etwas keineswegs der Mehrheit öffentlich­er Krankenhäu­ser und der Uniklinike­n. Den Preis dafür zahlen aber zum Beispiel die Angestellt­en der CharitéToc­hter CFM, die viel weniger pro Monat verdienen als ihre Kollegen, die beim Mutterkonz­ern arbeiten. Die CFM-Beschäftig­ten wollen sich das nicht mehr gefallen lassen und zeigen das jetzt mit Warnstreik­s. Bis zu einer soziale Wende der Senatspoli­tik ist es noch ein weiter Weg.

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Foto: nd/Ulli Winkler Nicolas Šustr über Profite und wer dafür eigentlich zahlt

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