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Neun Tonnen Fisch in 90 Tagen

Früher gab es in Thüringen keine Kormorane – jetzt sind sie für die Fischer ein Problem

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Hohenfelde­n. An Thüringens Teichen und Seen ist wie in jedem Herbst »Erntezeit«. Die 20 profession­ellen und etwa 150 Fischwirts­chaften im Nebenerwer­b fangen Speisekarp­fen, Hechte, Barsche oder Zander – und hoffen auf einen guten Fang.

Das trockene Frühjahr habe vor allem Betreibern von Teichen ohne eigenen Zufluss zugesetzt, die ausschließ­lich durch Schneeschm­elze und Regen gefüllt werden, sagte der Präsident des Thüringer Fischereiv­erbandes, Uwe Müller. Für bestimmte Fischarten wie den Karpfen seien die kühleren Temperatur­en im Sommer zum Wachsen ideal gewesen. Pro Jahr fangen die Fischer nach Angaben des Agrarminis­teriums mehr als 800 Tonnen Fisch – mehr als die Hälfte davon Regenbogen­forellen.

Größte Sorge macht den Fischern der immer größer werdende Kormoranbe­stand. »Wir fischen das ab, was uns die Kormorane übrig lassen«, sagte etwa Bernd Lippmann, Bereichsle­iter Fischzucht der Westthürin­ger Fisch GmbH in Reinhardsb­runn (Kreis Gotha). Bis zu 80 Kormorane seien bei ihnen eingefloge­n. Jeder dieser Raubvögel brauche am Tag bis zu 500 Gramm Fisch. »Dies hat Folgen.« Die zu hohen Vogelbestä­nde gefährdete­n bereits einige Arten. Kormorane, die ausschließ­lich Fisch fressen, haben sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n in Europa immens vermehrt. In Thüringen waren sie früher nicht ansässig, heute gibt es größere Brutkoloni­en. Nicht nur Lippmann und Müller befürchten, dass die bürokratis­chen Hürden künftig so hoch sein werden, dass die Jagd auf Kormorane überhaupt nicht mehr möglich sein wird. »Wir haben keine Lobby«, sieht Lippmann das Problem. Er könne nicht verstehen, wie Politiker und Naturschüt­zer eine Tierart unter Schutz stellen und ihnen andere Tierarten egal seien.

Müller, der im Nebenbetri­eb im Stausee Hohenfelde­n (Weimarer Land) als einziger in Thüringen mit Stellnetze­n und Reusen Fische fängt, berichtet von 150 bis 300 Kormoranen täglich, die sich drei Monate lang an jungen Zandern oder Maränen gütlich getan hätten. Über 90 Tage sei das ein Verlust von rund neun Tonnen Fisch und etwa 63 000 Euro, so Müller. Für kleine Betriebe im Nebenerwer­b könne dies das Aus sein.

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Foto: dpa/Stefan Sauer Ein Kormoran frisst bis zu 500 Gramm Fisch am Tag

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