Agrargenossenschaften als demokratisches Modell
Die LINKE will regional verankerte Landwirtschaft stärken
Wie sieht die Landwirtschaft der Zukunft aus? Für die LINKE spielen die Agrargenossenschaften darin weiter eine besondere Rolle. Kleinbäuerlicher Hof oder Großbetrieb? An dieser Frage der Zukunft der Landwirtschaft scheiden sich die Geister in der Debatte um die Zukunft der Landwirtschaft. Die LINKE will diese nicht an der Frage der Größe festmachen. Bei der Bewirtschaftung gehe es in erster Linie um ökologisch oder konventionell, erklärte Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Sie will die ortsansässigen Landwirte, die in der Region verankerten Betriebe, sichern und unterstützen. Vehement sprach sich Tackmann deshalb am vergangenen Wochenende bei einer Diskussion der Bundesarbeitsge- meinschaft Agrarpolitik der LINKEN im Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg gegen Bodenspekulationen und fremdbestimmt gesteuerte Betriebe von Großinvestoren aus. »Grund und Boden sind keine Ware«, betonte die Bundestagsabgeordnete. »Sie sind gesellschaftliches Gut und Naturressource.«
Tackmann verwies auf die Gefahren durch Agrarholdings für die ortsansässige Landwirtschaft. Ein Beispiel: Die Insolvenz der KTG Agrar, die in Deutschland und Litauen 46 000 Hektar Land mit einem undurchsichtigen Netz von über 90 Subunternehmen bewirtschaftet. Deren Äcker und Wiesen werden nun von anderen Investoren übernommen. Solche Flächen- und Anteilskäufe müssten verboten werden, forderte Tackmann. Doch laut der Bundesregierung soll die künftige Regulierung nun allein den Ländern überlassen werden, so die Kritik aus der Linkspartei. Für genauso kritikwürdig hält Tackmann die gewerbliche Tierhaltung in Megaställen, die von der regionalen Landwirtschaft abgekoppelt ist.
Ein gutes Modell für die Sicherung der ortsansässigen Landwirtschaft böten dagegen – neben den bäuerlichen Familienbetrieben – die Agrargenossenschaften. Sie seien eher gefeit gegen »feindliche Übernahmen« von Anteilen, weil die Bodeneigentümer vor Ort agierten. Zudem könnten sie mit entscheiden, wie sich eine Region entwickelt.
Der Agrarwissenschaftler Reinhard Stolze bezeichnete die Genossenschaften zudem eben wegen dieser Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte als eine sehr demokratische Unternehmens- und Rechtsform. Kooperationen von Genossenschaften könnten auch schwergewichtige Ver- handlungspartner gegenüber Handel und Verarbeitungsbetrieben sein oder selbst in der Region Verarbeitung und Verkauf ihrer Produkte organisieren. Momentan nehme die Marktübermacht der Lebensmittelkonzerne den produzierenden Betrieben den Atem. Doch die Gründung einer Genossenschaft könne nur auf freiwilliger Entscheidung der Landwirte basieren. »Das ist nicht Sache der Politik«, sagte Stolze.
Kritik formulierte Tackmann auch an der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Diese habe ihre Festlegung, besonders die Arbeit des »aktiven Landwirts« zu fördern, nicht durchgesetzt. Deshalb fordert die LINKE bei künftigen Reformen die Agrarförderung an versicherungspflichtige Arbeitsplätze und nicht an die Fläche zu binden. Die gesellschaftlichen Leistungen der Agrarwirtschaft müssten mit öffentlichen Geldern gefördert werden.
Den Überlebenskampf der Landwirte unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen schilderte Cornelia Böck, Vorsitzende der Agrargenossenschaft Grochwitz in Herzberg/Elster, einem 600-Hektar-Betrieb mit 200 Milchkühen. Mit 24 Cent je Liter Milch liege der Preis acht Cent unter den Herstellungskosten, damit könne ein Betrieb kaum bestehen. Allein im Elbe-Elster-Kreis wurden 1000 Kühe »abgeschafft«, das heißt zum Schlachthof geführt. Vier Milchviehbetriebe gaben auf – insgesamt waren es in Brandenburg 60 Betriebe. Böck bezeichnete die beschlossenen Ausgleichszahlungen für die Milchbauern eher als »Sterbegeld«. Zudem mahnte sie bei der Politik eine höhere Wertschätzung auch der konventionell produzierenden Bauern an. Die Betriebe dürften nicht den geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP geopfert werden.