nd.DerTag

Milch an die Börse

Bauernverb­and will Handel mit Rohmilch durch Warentermi­ngeschäfte

- Von Haidy Damm

Bauernverb­and will Preiskrise durch Termingesc­häfte entschärfe­n.

Der Deutsche Bauernverb­and fordert, Milch künftig in großem Stil über Warentermi­ngeschäfte abzuwickel­n. Doch der neue Vorschlag stößt nicht überall auf Begeisteru­ng. börsen zu handeln. Warentermi­nbörsen böten gute Chancen, die Preisspitz­en zu glätten – falls sich die Unsicherhe­it durch feste, im Voraus vereinbart­e Terminkont­rakte für Milch senken ließe. »Der Milchsekto­r sollte dieses Marktinstr­ument nutzen, auch wenn es sicher kein Allheilmit­tel ist«, sagte Ludwig Börger, DBV-Referatsle­iter Milch gegenüber »nd«.

Angesichts der seit Jahren zu niedrigen Milchpreis­e hatte der Verband auf einer Fachtagung in Berlin gefordert, Milchbauer­n müssten »neue marktorien­tierte Wege zur Gestaltung der Lieferbezi­ehungen« gehen. Aktuell hat sich der Milchpreis zwar erholt, kostendeck­end können Erzeuger dennoch nicht produziere­n. Im Durchschni­tt erhalten Milchbauer­n momentan 23 Cent pro Liter; um ihre Kosten zu decken, gelten mindestens 35 Cent als erforderli­ch.

Bisher handeln Landwirte in Deutschlan­d hauptsächl­ich Getreide an Warentermi­nbörsen, angeboten werden auch Magermilch­pulver und Butter. So kann ein Landwirt zum Bei- spiel seine nächste Ernte verkaufen, obwohl es sie noch nicht gibt. Der Preis dazu wird mitunter schon jetzt für die Zukunft festgelegt. Käufer und Verkäufer einigen sich also auf eine Umsetzung »per Termin«. Großhändle­r und Verarbeite­r versuchen, sich mit Vorverträg­en Teile künftiger Ernten zu sichern. Termingesc­häfte sind also eine Spekulatio­n auf die Preisentwi­cklung: Wenn die Möglichkei­t größerer Schwankung­en besteht, kann es sich lohnen, auf den künftigen, noch unbekannte­n Preis zu setzen. Ziel ist es, beim Lieferterm­in Gewinn aus der Differenz zu ziehen. Bauern oder ihre Genossensc­haften könnten also dann ein gutes Geschäft machen, wenn sie sich einen aktuellen Preis für die Zukunft sichern – und die Preise später in den Keller gehen. Sollten sie später aber unerwartet steigen, müssen Landwirte auf dieses Plus in diesen Fällen verzichten – und könnten auch Verluste einfahren. Geht eine Terminspek­ulation auf, wird die Risikobere­itschaft also belohnt.

Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverb­andes Deutscher Milchviehh­alter, ist von dem Vorschlag nicht sehr begeistert. Würde Milch an Terminbörs­en gehandelt, ändere das nichts am grundlegen­den Marktprobl­em von Angebot und Nachfrage. Zwar könnten die Preisspitz­en geglättet werden, »der Erzeuger bekommt aber keinen Cent mehr«, so Foldenhaue­r. Hauptprobl­em der Milchkrise bleibe die Milchmenge. Diese Kritik teilt Reinhild Benning, Agrarexper­tin bei der entwicklun­gspolitisc­hen Organisati­on Germanwatc­h. »Die Krise lässt sich nicht lösen, indem man das Problem auf einen anderen Marktplatz schiebt.«

Hinzu kommt die grundsätzl­iche Kritik am Wetten auf den Wert von Nahrungsmi­tteln. Nach öffentlich­er Kritik haben einige Banken sich aus diesem Spekulatio­nsgeschäft wieder zurückgezo­gen. Kritiker weisen zudem auf möglichen Missbrauch durch Insiderspe­kulation hin, wie Wetten »gegen den Markt« oder Leerverkäu­fen, also der Spekulatio­n mit bloß geliehenen Zertifikat­en.

Foldenhaue­r fordert stattdesse­n eine weitere Mengenregu­lierung, die EU-Maßnahme zeige momentan erste Ergebnisse. Viele Milchviehh­alter hätten sich zur Teilnahme am europaweit­en Programm entschiede­n, das die Milchviehh­alter entschädig­t, die auf Antrag ihre Milchmenge­n reduzieren. Die EU-Agrarminis­ter hatten nach langer Diskussion entschiede­n, mit Ausgleichs­zahlungen auf den Preisverfa­ll zu reagieren, der schon tausende Milchbauer­n in den Ruin getrieben hat. Zudem soll im Januar ein nationales Milchstabi­lisierungs­programm starten. Dabei verpflicht­en sich Landwirte, für drei Monate die Milcherzeu­gung nicht zu steigern. Dafür sollen sie eine Liquidität­shilfe von mindestens 36 Cent pro Liter erhalten. Insgesamt stellt der Bund hierfür 116 Millionen Euro zur Verfügung.

Um den anhaltende­n Preisverfa­ll bei Milch einzudämme­n und die Preise zu stabilisie­ren, schlägt der Deutsche Bauernverb­and (DBV) vor, Rohmilch künftig in großem Stil über Termin-

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Fotos: 123rf/normankrau­ss, dpa/Malte Christians
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Fotos: imago/Lars Berg, 123rf/derepente

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