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Flüchtling­e bringen Kriminalit­ät

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Vom ansteigend­en Drogenhand­el bis zu Massenschl­ägereien in Flüchtling­sunterkünf­ten, von Bautzen bis zum Münchner Oktoberfes­t hält sich bis heute das Klischee, dass Flüchtling­e stärker zur Kriminalit­ät neigen als ihre deutschen Mitbürger. So zeigten sich in einer repräsenta­tiven Allensbach-Umfrage Anfang des Jahres 79 Prozent der Deutschen überzeugt, dass durch die Flüchtling­e die Kriminalit­ät in Deutschlan­d zunehmen werde.

Beim Blick auf die Kriminalit­ätsstatist­ik des vergangene­n Jahres fällt hingegen auf, dass nichts auffällt: Mit sechs Millionen Straftaten bewegt sich die Kriminalit­ät in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Für die ersten drei Monate dieses Jahres hat das BKA im Juni eine Sonderausw­ertung mit Fokus auf Straftaten durch Zuwanderer herausgege­ben. Auch dort findet sich kein Hinweis auf einen Anstieg der Kriminalit­ät. Im Gegenteil: Die von Zuwanderer­n begangenen Straftaten sanken im Berichtsze­itraum um 18 Prozent. Eine Sprecherin des BKA stellte anlässlich der Veröffentl­ichung des Berichts fest: »Zuwanderer sind nicht kriminelle­r als Deutsche.«

Medien kritisiert­en allerdings im Anschluss zu Recht, dass die Statistik einen solchen Vergleich nicht zulasse, da die Kriminalit­ät von Deutschen in dem Bericht gar nicht untersucht werde. Dies hat indessen der Kriminolog­e Christian Walburg versucht. Der Wissenscha­ftler von der Universitä­t Münster hat 2014 Dutzende Polizeista­tistiken, Studien und Umfragen ausgewerte­t, um dem Klischee der Ausländerk­riminalitä­t auf den Grund zu gehen. Sein Ergebnis: Weder die ethnische Zugehörigk­eit noch die Religion hat etwas mit der persönlich­en Neigung zu Kriminalit­ät zu tun. Allerdings würden Jugendlich­e mit Migrations­hintergrun­d tatsächlic­h öfter angezeigt, verhaftet und verurteilt – jedoch nicht, weil sie häufiger kriminell werden, sondern weil sie als Ausländer wahrgenomm­en werden.

Wovon die eigene Neigung zur Kriminalit­ät tatsächlic­h abhänge: Bildung und soziale Herkunft. Im Auftrag des Mediendien­stes Integratio­n hat Walburg dieses Jahr speziell Straftaten von Flüchtling­en untersucht. Sein Ergebnis: Flüchtling­e begehen dann mehr Straftaten, wenn sie nur über eine »geringe Bleibepers­pektive« verfügen. Jene mit »günstiger Bleibepers­pektive, Zugang zu Integratio­nskursen, zu Bildungsan­geboten und Aussicht auf Zugang zum Arbeitsmar­kt« begingen hingegen weniger Straftaten als der deutsche Durchschni­tt.

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