nd.DerTag

Die Gefahr des Terrorismu­s steigt täglich

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»Wir wissen gar nicht, wer im Moment ins Land kommt, und es ist auf Dauer mit der Sicherheit nicht zu vereinbare­n«, warnte Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder im Oktober letzten Jahres. Spätestens mit der Enttarnung des mutmaßlich­en IS-Terroriste­n Dschabr Al-Bakr scheinen sich die Befürchtun­gen zu bestätigen, dass unter Hunderttau­senden Flüchtling­en auch einige Terroriste­n nach Deutschlan­d kamen.

Und mit jedem Einzelnen von ihnen steigt die Angst. Da helfen auch keine Statistike­n, die zeigen, dass es extrem unwahrsche­inlich ist, bei einem Terroransc­hlag getötet zu werden. Oder Verweise darauf, dass Anschläge in Europa in den 1970er und 1980er Jahren weitaus häufiger waren – und das ganz ohne muslimisch­e Attentäter. Bei Terror geht es um irrational­e Ängste. Das wissen auch die Terroriste­n.

Und tatsächlic­h scheinen die Fälle, die Söder und Co. Recht geben, in letzter Zeit zuzunehmen: Zwei der neun Terroriste­n, die am 13. November 2015 in Paris 130 Menschen ermordeten, waren zuvor als Flüchtling­e von Syrien nach Frankreich eingereist. Auch die Attentäter von Ansbach und Würzburg kamen über die Balkanrout­e nach Deutschlan­d.

Trotzdem ist das Söder-Zitat falsch. Denn wie Spiegel-Online-Kolumnist Sascha Lobo recherchie­rte, wussten Sicherheit­sbehörden in bisher allen Fällen tödlicher islamistis­cher Anschläge in der EU vorher über die Attentäter Bescheid. Von »Charlie Hebdo« bis Brüssel standen sämtliche identifizi­erte Terroriste­n zuvor auf Terrorwarn­listen. Die überwiegen­de Mehrzahl von ihnen radikalisi­erte sich in Europa, nicht im Nahen Osten. Auch Al-Bakr, der einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben soll und sich nach seiner Verhaftung im Gefängnis selbst tötete, soll erst von einem Berliner Imam zum Dschihad geführt worden sein. Und der Fall Al-Bakr zeigt noch etwas: Nicht immer kommen die Ermittler zu spät. Gegen 68 Flüchtling­e ermitteln derzeit deutsche Sicherheit­sbehörde laut Angaben des BKA. Ob diese 68 mutmaßlich­en Terroriste­n ein Grund sind, Hunderttau­senden den Schutz vor Terroriste­n zu verwehren, muss jeder selbst entscheide­n.

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