nd.DerTag

Was uns wichtig ist

Uwe Kalbe über den ersten Bericht zum Guten Leben in Deutschlan­d

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Angela Merkel ist eine kluge Frau, als Physikerin geht sie Probleme zudem systematis­ch an. Für sie ist Struktur wohl auch eine Frage der Lebensqual­ität. Die Wünsche der Menschen, ihre Kriterien für Lebensqual­ität sind für Politik von Belang. Im Bericht »Gut leben in Deutschlan­d« ist nun alles aufgeschri­eben und nutzerfreu­ndlich aufbereite­t, was Politik tun kann, um Lebensqual­ität zu verbessern. Das jedenfalls ist die erklärte Absicht.

Schauen wir mal, was den Menschen wichtig ist: Frieden, gutes Einkommen, Ehrenamt und Willkommen­skultur. Und vieles mehr – ein Kompendium an Wichtigkei­ten. Doch wenn man bedenkt, dass die Vorläufer des Bürgerdial­ogs im Jahr 2010 liegen und sich schon in der letzten Legislatur 34 Experten in einer Enquetekom­mission damit befassten, dass die Kanzlerin 2012 einen »Zukunftsdi­alog« führte und die Bundesregi­erung nun den Bürgerdial­og 2015, dann ist das Ergebnis, obwohl 300 Seiten lang, doch eher mager zu nennen. Vor allem die eilfertige­n Hinweise der Bundesregi­erung auf die eigene Bilanz, die sich wie ein »Versproche­n – Gehalten« lesen, abstrahier­en von alternativ­en Optionen und Ansichten. Das ist kein Masterplan, sondern Wahlkampf. Und es wird Menschen nicht davon überzeugen, dass ihr Wort gefragt ist, wenn es ein Gegenwort ist. Das kann die Kanzlerin auch nicht glauben; dafür ist sie sie zu klug.

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