nd.DerTag

Solidaritä­t? Fehlanzeig­e!

Guido Speckmann über die Drohungen Matteo Renzis in Richtung Brüssel

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Wenn Worte nichts nutzen, müssen Drohungen her. Das muss sich Italiens Ministerpr­äsident gedacht haben. An die Adresse der EU sagte Matteo Renzi: »Wenn die Flüchtling­e nicht durchkomme­n, kommt das Geld auch nicht durch.« Ausdrückli­ch sei das als Veto zum EU-Haushalt zu verstehen.

Renzi platzte ob der Weigerung einiger europäisch­er Staaten, Flüchtling­e aus Italien aufzunehme­n, nicht zum ersten Mal der Kragen. Letzten Sommer schleudert­e er seinen Kollegen entgegen: »Wenn dies eure Idee von Europa ist, dann könnt ihr sie behalten. Zeigt entweder Solidaritä­t oder verschwend­et nicht unsere Zeit.« Zeit verschwend­et wurde unlängst auch auf dem EU-Gipfel in Bratislava. Mehr als eine nette Bootsfahrt auf der Donau sei das nicht gewesen, polterte Renzi. Sein Ärger ist verständli­ch. Die Bilanz der EU-Flüchtling­spolitik ist erbärmlich. Nur etwas mehr als 5600 der beabsichti­gten 160 000 Geflüchtet­en wurden bis Ende September aus Griechenla­nd und Italien in andere Staaten gebracht. Unterdesse­n kommen dieses Jahr mehr Migranten denn je über das Mittelmeer nach Italien. Die Regierung hat deshalb mehr Geld für deren Versorgung (und die der Erdbebenop­fer) im Haushalt vorgesehen. Für das etwas höhere Defizit bekam sie einen blauen Brief von den europäisch­en Haushaltwä­chtern. – Eine Idee von Europa, die tatsächlic­h besser in Brüssel bleibt.

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