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KaDeWe: Ja, Synagoge: Nein

Zschäpe bestätigte: NSUTrio war 2000 in Berlin

- Von René Heilig

Hat das NSU-Trio in der Berliner Rykestraße ein weiteres Anschlagsz­iel ausgespäht? Ein Polizist, der im Jahr 2000 zur Bewachung der dortigen Synagoge eingeteilt war, hatte das Trio sowie eine weitere Frau und zwei Kinder am 7. Mai zwischen 13 und 14 Uhr in einem nahen Biergarten gesehen. Am Nachmittag sei er einigen der Personen vor dem örtlichen Polizeiabs­chnitt begegnet. Als ihn das Landeskrim­inalamt Berlin (LKA) dazu vernahm und Fotos vorlegte, erkannte der Objektschü­tzer Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt wieder. Eine ebenfalls vernommene Serviereri­n aus dem Restaurant erinnerte sich an Zschäpe immerhin zu 50 Prozent. Aus jener Zeit gibt es auch Hinweise darauf, dass sich sächsische rechtsextr­eme Blood&Honour-Aktivisten mehrfach in Berlin aufhielten, die dem 1998 untergetau­chten späteren TerrorTrio Obdach geboten haben.

Die Staatsschu­tzabteilun­g des LKA schätzte die Aussage des Polizisten als glaubhaft ein. Dennoch, so der inzwischen 66-jährige Zeuge am Mittwoch vor dem Oberlandes­gericht in München, sei er nie wieder danach gefragt worden. Nach 16 Jahren erinnerte er sich nicht mehr an alle Details.

Die Angeklagte Beate Zschäpe ließ von einem ihrer Anwälte eine Erklärung verlesen. Darin räumte sie ein, irgendwann im Frühjahr oder Sommer zusammen mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – gemeinsam waren die drei Bombenbaue­r im Jahr 1998 untergetau­cht – in Berlin gewesen zu sein. Warum? Man habe einfach mal »aus Chemnitz rauskommen wollen«. Aber nicht, um etwas auszuspähe­n, schon gar keine Synagoge. Sie kenne gar keine in Berlin. Wohl aber sei ihr das Edelkaufha­us KaDeWe in Erinnerung geblieben. Auch am Brandenbur­ger Tor seien die drei zur Fahndung ausgeschri­ebenen Nazis gewesen.

Nach dem erstaunlic­hen Fund von DNA-Spuren des mutmaßlich­en NSU-Terroriste­n Böhnhardt am Fundort der 2001 getöteten Schülerin Peggy K. will das Gericht auf Antrag der Nebenklage auch dazu Antworten von der Hauptangek­lagten. Der Vorsitzend­e Richter Manfred Götzl fragte zudem, ob Zschäpe etwas zu den Fotos auf einem in ihrer Wohnung beschlagna­hmten Rechner sagen will, die man als kinderporn­ografisch deuten kann. Zschäpe stellte wiederum eine schriftlic­he Aussage in Aussicht.

Dem NSU werden zwischen 2000 und 2007 zehn Morde, drei Bombenansc­hläge und mehrere Überfälle zugeordnet.

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