VW-Vergleich ist nur erster Schritt
US-Richter Charles Breyer hat dem Milliardenvergleich zwischen VW und US-Klägern wegen des Abgasskandals zugestimmt. Doch der Konzern hat weitere rechtliche Baustellen. San Francisco. Volkswagen kann den dicksten Brocken seiner »Dieselgate«-Rechtslasten in den USA aus dem Weg räumen. Der für Hunderte Zivilklagen zuständige Richter Charles Breyer gab am Dienstag seine endgültige Zustimmung zum Vergleich, der VW bis zu 16,5 Milliarden Dollar (15,2 Milliarden Euro) kosten könnte. Der Kompromiss sei »fair, angemessen und adäquat«, teilte Breyer mit. Mit dem Vergleich kann VW zwar die größte Baustelle in den USA schließen, dennoch sind die juristischen Konsequenzen der Dieselaffäre nicht ausgestanden.
VW-Konzernchef Matthias Müller begrüßte die Entscheidung. »Das ist für uns ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Aufarbeitung des Problems, das wir vor geraumer Zeit verursacht haben«, sagte er am Dienstag. Das gebe dem Konzern Zuversicht für die nächsten Wochen. Ähnlich äußerte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). »Mit der Entscheidung hat Volkswagen einen wichtigen Schritt zur Bewältigung der Abgasaffäre geschafft.«
VW hatte im Juni mit US-Behörden und Dieselbesitzern eine Entschädigungslösung über bis zu 14,7 Milliarden Dollar ausgehandelt, später erhöhte sich die Summe durch Einigungen mit USStaatsanwälten und Autohändlern. Bei den US-Kunden war der Kompromiss auf breite Zustimmung getroffen. Die Mehrheit hat sich bereits registriert, um das Angebot anzunehmen.
VW bietet US-Dieselbesitzern je nach Modelltyp und Baujahr zwischen 5100 und 10 000 Dollar pro Fahrzeug als Wiedergutmachung. Zudem muss der Konzern Rückkauf oder Umrüstung der Wagen anbieten. In Deutschland und anderen Ländern sträubt man sich bislang gegen vergleichbare Angebote. Weltweit sind elf Millionen Diesel vom Skandal betroffen.
Der Kompromiss gilt für rund 475 000 VW-Dieselwagen mit 2,0Liter-Motoren, die mit einer Software zum Austricksen von Abgastests ausgerüstet sind. VW hatte den Schwindel im September 2015 eingeräumt. Bei zusätzlich etwa 85 000 Fahrzeugen mit 3,0-LiterMotoren ringt der Konzern weiter um eine Lösung mit den US-Behörden. Hier will Breyer bis zum 3. November detaillierte Vorschläge sehen. VW-Tochter Audi, von der die 3,0-Liter-Motoren stammen, musste am Montag überarbeitete Rückrufpläne in den USA einreichen. Einem Audi-Sprecher zufolge gingen die Unterlagen fristgemäß ein. Wegen des laufenden Verfahrens hätten die Parteien Stillschweigen zum Inhalt vereinbart. Sollte es nicht gelingen, die Wagen umzurüsten, drohen auch bei größeren Fahrzeugen Rückkäufe. Zudem hat VW Konsequenzen wegen Verstößen gegen Umweltgesetze und strafrechtlicher Vergehen zu fürchten.
Die US-Umweltbehörden, die den Betrug an die Öffentlichkeit gebracht hatten, zeigten sich zufrieden. Die Entscheidung sende eine klare Botschaft, die Öffentlichkeit vor Smog zu schützen, erklärte die Leiterin des kalifornischen Umweltamts, Mary Nichols.
Der ökologische Verkehrsclub VCD fordert, dass die Bundesregierung VW auch zu Entschädigungen in Deutschland drängt. Dabei gebe es Möglichkeiten – »auch ohne eindeutigen Rechtsanspruch aus dem deutschen Verbraucherrecht«. Der VCD schlug vor, die Koalition solle VW verpflichten, »eine Strafzahlung ins Gesundheitssystem« zu leisten. Damit würde der Autobauer für den »Schaden durch gesundheitsschädliche Schadstoffe einstehen« und die Bürger würden entschädigt.