nd.DerTag

Hoffnung für die kranke Netzhaut

Gegen die altersbedi­ngte Makuladege­neration werden neue Medikament­e getestet

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Ist eine altersbedi­ngte Makuladege­neration (AMD) einfach Schicksal? Oder kann man sich effektiv davor schützen? Beides ist richtig. Man hat in den vergangene­n Jahren festgestel­lt, dass bestimmte Genkonstel­lationen bei den Betroffene­n häufiger vorkommen als bei anderen Menschen. Zudem steigt die Erkrankung­sgefahr mit dem Alter deutlich an. Und daran lässt sich ja leider nichts ändern. Auf der anderen Seite gibt es auch Risikofakt­oren, die man beeinfluss­en kann, vor allem das Rauchen, aber auch häufige Sonnenlich­texpositio­n und Ernährung. Außerdem scheint ein höherer Body-Mass-Index, also Übergewich­t, eine Rolle zu spielen. Wie stark ist das Risiko zu erkranken denn erhöht, wenn ein Elternteil AMD hat? Das kann man nicht sagen, weil es auf unterschie­dliche Gene ankommt. Im schlimmste­n Fall kommen Mutationen in mehreren Genen zusammen. Dann ist das Risiko deutlich erhöht. Stimmt es, dass Menschen mit heller Haut und blauen Augen öfter erkranken? Dazu kann man keine sicheren Angaben machen. Bei einer Auswertung von 24 Studien, die insgesamt über 100 000 Patienten umfassten, hat man gesehen, dass Faktoren wie helle Irisfarbe, weibliches Geschlecht und erhöhtes HDL-Cholesteri­n nur mit einem allenfalls leicht gesteigert­en Risiko einherging­en. Ähnlich verhält es sich mit dem Sonnenlich­t. Man weiß zwar, dass Sonnenlich­t die Netzhaut schädigt, aber auch hier ist es schwierig, das in kontrollie­rten Studien nachzuweis­en. Trotzdem empfehlen wir, bei grellem Sonnenlich­t eine Sonnenbril­le zu tragen. Das gilt besonders für Patienten, die schon erste Anzeichen haben. Was kann man sonst tun? Am wichtigste­n ist es, mit dem Rauchen aufzuhören. Das ist einer der Hauptrisik­ofaktoren, der in allen Studien durchgehen­d belegt wurde. Es gibt darüber hinaus auch Studien, die zeigen, dass passive Raucher ein erhöhtes Risiko haben. Auch daran lässt sich leicht etwas ändern. Ansonsten ist es sinnvoll, auf einen gesunden Lebensstil mit abwechslun­gsreicher Ernährung und viel Bewegung zu achten. Kann man etwas erreichen, indem man Vitamine zu sich nimmt? In manchen Fällen schon. Vor Jahren wurde in den USA in einer großen Studie, der AREDS-Studie, getestet, ob Vitamin E, Beta-Carotin, Vitamin C und Zink einen positiven Einfluss auf die Entwicklun­g der Krankheit haben. Man hat dazu Patienten untersucht, die bereits an AMD litten. Tatsächlic­h konnte die Einnahme solcher Nährstoffe das Fortschrei­ten der Krankheit verlangsam­en. Weil aber eine zu hohe Dosis von Beta-Carotin das Krebsrisik­o erhöhen kann, hat man dieses Vitamin in einer zweiten Studie durch Lutein und Zeaxanthin ersetzt. Das sind Stoffe, die in Gemüse wie Spinat, Brokkoli und Paprika vorkommen. Sie gehören zu den Carotinoid­en, die Pflanzen vor Lichtschäd­en schützen. Man findet diese Stoffe in hoher Konzentrat­ion in der Makula. Die Studien haben gezeigt, dass die Kombinatio­n aus Lutein, Zeaxanthin, Vitamin C, E und Zink offensicht­lich am besten abschneide­t. Das ist im Prinzip die Nahrungser­gänzung, die auch heute zur Prophylaxe empfohlen wird. Wer sollte Nahrungser­gänzungsmi­ttel nehmen? Patienten, die deutliche Anzeichen einer frühen AMD haben, raten wir, die AREDS-2-Medikation einzunehme­n. Ist die Krankheit dagegen schon stark fortgeschr­itten, haben solche Mittel keine Wirkung mehr. Dann ist es zu spät. Sollte man vorher mit dem Arzt sprechen? Ja, man sollte diese Stoffe nicht auf eigene Faust nehmen. Zumal man sagen muss, dass auch Vitamine in Zusammense­tzungen angeboten wer- den, die überhaupt nicht der getesteten Studienmed­ikation entspreche­n. Das ist ein Problem. Da die Krankenkas­sen diese Mittel nicht zahlen, geben die Patienten dafür viel Geld aus, obwohl es keinen Nachweis gibt, ob sie nützlich sind. Grünes Blattgemüs­e ist angeblich gut für alternde Augen. Kann man sich vor AMD schützen, wenn man man viel davon isst? Solches Gemüse ist auf jeden Fall gesund. Spinat und Kürbis enthalten viel Lutein. Aber um die Konzentrat­ion zu erreichen, wie sie in den Studien verwendet wurde, müsste man täglich Unmengen davon zu sich nehmen. Außerdem spielen bei der Entstehung einer AMD noch viele andere Faktoren eine Rolle. AMD galt lange Zeit als unheilbar. Hat sich das geändert? Bei der feuchten Form der Makuladege­neration kann man mit sogenannte­n VEGF-Hemmern, die ins Auge injiziert werden, einen Stillstand, manchmal auch eine Besserung der Symptome erreichen. Außerdem wurde jetzt auch für die trockene Spätform ein Medikament entwickelt, das sich noch in der Testphase befindet, aber 2018 zugelassen werden könnte. Ansonsten gibt es momentan Ansätze, frühe Veränderun­gen zu lasern. Aber die Ergebnisse sind hier sehr fraglich. Die Ablagerung­en, also die Drusen, verschwind­en dadurch zwar, aber die Gefahr, dass die Krankheit weiter fortschrei­tet, ist trotzdem nicht gebannt.

 ?? Foto: ukapia/B. Boissonnet: ?? Patientin bei Amsler-Gitter-Test zur Früherkenn­ung von altersbedi­ngter Makuladege­neration.
Foto: ukapia/B. Boissonnet: Patientin bei Amsler-Gitter-Test zur Früherkenn­ung von altersbedi­ngter Makuladege­neration.
 ?? Foto: Universitä­t Münster ?? Sehr viele ältere Menschen leiden an einer altersbedi­ngten Makuladege­neration (AMD), zwischen 65 und 75 ist jeder Fünfte von einer Frühform dieser Augenkrank­heit betroffen, die mit einer fortschrei­tenden Sehbehinde­rung verbunden ist. Nicole Eter,...
Foto: Universitä­t Münster Sehr viele ältere Menschen leiden an einer altersbedi­ngten Makuladege­neration (AMD), zwischen 65 und 75 ist jeder Fünfte von einer Frühform dieser Augenkrank­heit betroffen, die mit einer fortschrei­tenden Sehbehinde­rung verbunden ist. Nicole Eter,...

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